Hans Dieter Römer: Phantasien mit Biss: Der Jesus-Vampir (Buch)
- Details
- Kategorie: Rezensionen
- Veröffentlicht: Freitag, 28. November 2014 10:49
Hans Dieter Römer
Phantasien mit Biss: Der Jesus-Vampir
Titelillustration von Chuck Siebuhr
Paperback, 332 Seiten, 10,31 EUR
Von Carsten Kuhr
Einmal mehr erhebt ein Autor seine Stimme, um uns in zehn Geschichten das Schaudern zu lehren. Wie der Verfasser in seinem kurzen Vorwort ausführt, will er seine Leser, in der Sicherheit der heimischen Stuben sitzend, das Gefühl der Angst, des Gruselns vermitteln. Neben sechs Beiträgen, die über die Jahre in mannigfaltigen Anthologien erschienen sind, erwarten vier Originalgeschichten den Leser in dem großformatigen Paperback.
Wenngleich der Satz mit zweizeiligem Abstand und einem Textfluss, der nur die linke Seiten des Blattes nutzt, ein wenig gewöhnungsbedürftig erscheint, warten auf den Rezipienten im Innenteil des Buchs Storys, die ihn mit gewohnten Horror-Themata verwöhnen, dabei aber immer ein wenig anders, ein bisschen abgewandelt daherkommen. Dabei nutzt Römer bekannte Vorbilder – Lovecraft’sche Anleihen dürfen hierbei ebenso wenig fehlen, wie Geschichten über Vampire und Werwölfe –, um seinen Lesern das Fürchten zu lehren. Immer dabei eine gewisse unterschwellige erotische Note, wobei der Fokus aber klar auf der übernatürlichen Begebenheit liegt.
Stilistisch ansprechend entführt er uns so zu Beginn des letzten Jahrhunderts auf die Karibikinsel Martinique, auf der ein Sklave von einem der unruhigen Großen Alten als sein unfreiwilliger Priester missbraucht wird, verblüfft er den Leser mit einer Jesus-Figur, die so ganz anders ist, als sie uns die Kirche beschreibt, berichtet uns, wie Vlad Dracul, der Pfähler, überhaupt zum Vampir wurde oder schildert uns eine zukünftige Welt, die sich ihrer überschüssigen Bewohner mittels Werwölfen entledigt. Danach entführt er uns in eine Zeit, in der mutierte Riesenwespen die Menschheit heimsuchen, bevor Römer uns einen Dieb mit seinem perfekten Alibi vorstellt – das leider nicht ganz so perfekt ist, wie erhofft. Danach geht es auf die Römer’sche Scheibenwelt, die als Kulisse für eine abenteuerliche Jagd steht aber auch eine ergreifende Geschichte über die Freiheit für uns bereithält. Es schließt sich eine Verwechslungsgeschichte rund um den Weihnachtsmann an; eine Story, die trotz oder vielleicht gerade wegen ihrer melancholischen Note den Leser berührt. Danach begleiten wir einen Klatschgeschichten-Reporter zum Fundort der Leiche eines Klosterbruders, die exhumiert wird. Als sich unser findiger Schreiberling aus dem alten Sarg eine Maske stibitzt ahnt er nicht, wie diese sein Leben ändern wird. Den Abschluss bildet wieder eine Hommage an Lovecraft: Über scheinbar unergründliche Tümpel gelangen Taucher in andere, schreckliche, gefährliche Welten – die nicht nur einfach ihr Leben bedrohen, sondern ihre ganze Existenz…
Die Geschichten sind unterhaltsam und abwechslungsreich, stellen uns einen Autor vor, der über die Jahrzehnte wenig, dafür aber qualitativ ansprechende Erzählungen verfasst hat und lässt die Zeit der Lektüre im Flug vergehen.