Daniel Schenkel (Hrsg.): Liber Mominum Mortuorum – Sarturia Macabre Sammelband III (Buch)
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- Kategorie: Rezensionen
- Veröffentlicht: Samstag, 04. Oktober 2014 09:59
Daniel Schenkel (Hrsg.)
Liber Mominum Mortuorum
Sarturia Macabre Sammelband III
Titelillustration von Mathias Dethart
Sarturia, 2014, Taschenbuch, 260 Seiten, 14,90 EUR, ISBN 978-3-940830-49-4
Von Carsten Kuhr
Zum dritten Mal rief Daniel Schenkel und zehn der angesehensten Autoren der deutschsprachigen Weird Fiction antworteten. Abseits der großen Publikumsverlage bieten ihnen die rührigen Small Publishers eine Bühne, auf der sie ihre Preziosen ausbreiten und präsentieren können.
Vorliegend suchte der Herausgeber Geschichten, die Lovecrafts „Cosmic Horror“ wenn auch nicht sklavisch plagiierend sondern mehr dem Geiste nach in ihre Geschichten einfließen lassen.
Gefunden hat er zehn Beispiele, wie abwechslungsreich, wie atmosphärisch dicht und wie ergreifend deutschsprachige Autoren zu erzählen wissen. Die handwerkliche Ausführung der Beiträge ist jeweils mustergültig, die Phantasie erlebt ein wahres Feuerwerk an Ideen, so dass der Band für mich schon jetzt als einer der Highlights des Jahres gilt.
Um was geht es im Einzelnen?
In Tobias Bachmanns „Ein sauberer Abgang“ hat ein Notar seinen Lebensmut verloren. Die Partnerin und ihr ungeborenes Kind wurden ihm durch einen Unfall geraubt, seine Schulden und ein im Netz kursierendes, kompromittierendes Video lassen für Hoffnung keinen Raum. Doch wie seinem tristen Leben ein Ende setzen? Sauber will er von Erden scheiden, ohne Dreck, Gestank oder Fäkalien zu hinterlassen. Morgen früh soll die ehemaligen Villa eines Selbstmörders in die Luft gesprengt werden – genau das Richtige für ihn; in Millionen Teile gerissen bliebe nichts übrig, das anstößig sein könnte. Doch dann trifft er im ehemaligen Weinkeller der Villa auf…
Michael Siefener wandelt in „Liber Nominum Mortuorum“ ein wenig auf auto-biographischen Spuren. Er erzählt uns von einem introvertierten Leser und Sammler, der seinen kargen Unterhalt von der Witwenrente und dem Übersetzen von Fantasy-Büchern bestreitet. Sein Herz aber hängt an einer Abhandlung über Zauberbücher, an der er seit Jahren arbeitet. Schon früh stieß er dabei auf ein legendäres, aber offensichtlich existierendes Werk, das er nicht nur der Vollständigkeit halber sondern auch aus Sammlerinteresse verzweifelt sucht – bis er es in der Villa eines jüngst unter merkwürdigen Umständen verstorbenen Sammler findet – oder vielleicht sollte ich wahrheitsgemäßer sagen, dass das Buch ihn findet…?
Es gab einmal eine Zeit, gemeinhin als die Bessere tituliert, in der Ehrenhändel mit der Waffe in der Hand ausgeräumt wurden. Genau hiervon erzählt uns Simon Heiser in „Das Duell“, in dem der herausgeforderte Bücherwurm gegen den erfahren Soldaten nur eine Chance sieht: Hilfe in einem verbotenen Buch zu suchen…
Was wäre, wenn es die Welten, aus und von denen uns die Horror-Autoren auf solch unnachahmliche Art und Weise berichten, wirklich geben würde und man mittels eines Türöffners dorthin gelangen könnte? Daniel Schenkel stellt uns in „Der Schwarze Mann“ eben jenes Wesen vor, das die Tore zu anderen Dimensionen weit aufzustoßen vermag – doch soll, darf man die Türen öffnen?
Antje Ippensen entführt uns in „Wahnsinn Welt“ in eine postapokalyptische Endzeitwelt. Seuchen suchen die Menschen heim, Staub-Orkane lassen Europa in ihren erstickenden Fluten erstarren, das Internet selbst verbreitet den Untergang. Doch eines hat sich nicht geändert: auch in dieser Welt herrschen die Brutaleren und mit Sex kann Geld verdient werden. So sind die ehemaligen Angestellten eines Call-Centers jetzt unfreiwillig und gezwungenermaßen Sklaven der Lust – oder ist die alles doch nur ein Spiel?
Malte S. Sembten stellt uns in „Ein zweiter Catweazle“ ein Paar vor, das auf der Heimfahrt von einer Party beinahe einen merkwürdigen Orientalen überfährt. Obwohl der Unbekannte offensichtlich von den modernen Errungenschaften unserer technischen Umgebung keinerlei Ahnung hat, wirkt er nicht etwa geschockt, sondern eher gelangweilt. Der Besuch bei einem Professor für Oientalistik bringt Aufklärung – kommt unser Reisender doch nicht nur aus Syrien sondern auch aus einer anderen Ära, einem Zeitalter, in dem das Wissen um die Großen Alten noch präsent war…
Die Zeit der Schwangerschaft ist für eine junge Familie immer auch Stress. Der Körper, der Hormonspiegel, ändert sich, dazu kommt die Belastung der Geburtsvorbereitung und wenn dann noch die Renovierung des neuen Familiendomizils ansteht, wird es so richtig anstrengend. Kein Wunder, dass Tanja in Matthias Töpfers „Es bewegt sich“ ein wenig durcheinander scheint, zumal sie schon einmal ein Ungeborenes verloren hat. Doch bildet sie sich die Stimmen wirklich nur ein, die ihr mitteilen, dass sie als Mutter des Gottes des Todes und des Leids auserwählt wurde – und was tun, wenn das stimmt?
Thomas Williams stellt uns in „Die wundersame Flucht des Errol Johns“ einen Knacki vor, der mittels eines merkwürdigen schwarzen ovalen Flecks in seiner Zelle diese verlassen kann. Die Frage ist nur, wie die Flucht bewerkstelligt wird und wohin es unseren Knastbruder verschlägt.
Thomas Backus entführt uns in „Das Geheimnis des Tempels“ nach Jerusalem zur Zeit der Templer. Im Tempel Salomons stoßen die heiligen Streiter Gottes auf etwas, das nur durch ein mächtiges Opfer aufgehalten werden kann – doch für wie lange?
Abel Inkun schließt den Band mit „Das verborgene System“ ab, in dem er uns von einem Serienkiller berichtet, dem auf der Flucht ein Verwandter begegnet – mit drastischen Folgen…