Wolfgang Hohlbein: Irondead- Der zehnte Kreis (Buch)

Wolfgang Hohlbein
Irondead – Der zehnte Kreis
Ink, 2014, Paperback Paperback mit Klappenbroschur, 638 Seiten, 16,99 EUR, ISBN 978-3-86396-066-7 (auch als eBook erhältlich)

Von Carsten Kuhr

Irland hat in seiner leidvollen Geschichte gerade einmal mehr eine Hungersnot überstanden, als in Belfast ein modernes Weltwunder gebaut wird. Die „Titanic“, das größte und luxuriöseste Passagierschiff der Welt, soll hier in den Werften der Hafenstadt entstehen, und sie alle wollen und sollen daran verdienen. Selbst der geniale Erfinder Nicola Tesla hat seine Zelte in Belfast aufgeschlagen, um das Schiff mit den neuesten technischen Errungenschaften zu versehen.

Devlin Quinn galt einst als einer der angesehensten Polizisten Belfasts. Dass er aber seine moralischen Bedenken nicht über Bord werden konnte, dass er der Korruption nicht nachgab, erwies sich als seine Nemesis. Konstabler Adler, sein einstiger Untergebener, überrundete ihn, kurz darauf büßte Devlin ein halbes Jahr Haftstrafe wegen eines angeblichen Verbrechens ab und verließ den Polizeidienst. Als Privatermittler fristet er nun, mehr schlecht als recht, seinen Lebensunterhalt, als ihn Stanley Jacoby, ein reicher Unternehmer, anheuert, dem Schwund an Rohmetallen in seinen Lagerhäusern auf die Spur zu kommen. Dass sein Auftraggeber plötzlich spurlos verschwindet, erfährt er von Allison, der scheinbaren Nichte des Unternehmers, die ihn bittet, nach dem Verschollenen zu suchen. Die Spur führt ihn, später begleitet von Tesla, Allsion und Adler, in die Abwasserkanäle unterhalb Belfasts, in der sich Leben regt – gefährliches, künstliches und intelligentes Leben…

Wolfgang Hohlbeins Bücher füllen eine ganze Bibliothek. Unter seinen Romanen finden sich viele Bücher, die mir nicht gefallen haben, aber auch etliche Titel, die durchaus lesenswert waren. So abwechslungsreich wie seine Topics, bietet sich auch die handwerkliche Ausführung an. Neben ansprechenden Werken reihen sich Bücher mit Heftroman-Niveau, für Abwechslung ist gesorgt.

Sein neuester Streich entführt den Leser in die Vergangenheit. Der Bau der „Titanic“ bietet die Bühne, vor der Hohlbein seine Handlung in Szene setzt. Und es erwartet den Leser ein ungewöhnlicher Plot. Es geht um Umweltverschmutzung, um ungebremsten Kapitalismus, um Beamtenwillkür und um die Freiheit der intelligenten Lebewesen. Zwar wirken manche der Messages ein wenig aufgesetzt, ordnen sich letztlich aber einer durchaus packenden Action unter. Und hier ist Hohlbein in seinem Element. Es geht Schlag auf Schlag – da peitschen künstliche Tentakel aus Giftbrühen, werden Dornen in menschliche Hälse geschossen und Gliedmaßen abgerissen. Als direkte Handlungsorte dienen dabei Abwasserschächte, Kellergänge, ein Gefängnis oder auch eine heruntergekommene Irrenanstalt. Den mehr oder minder stereotyp gezeichneten Personen – ein Cameo-Auftritt von Watson und Holmes gilt es auch zu bewundern – steht eine anonyme Schwarm-Intelligenz gegenüber, deren Handlungen zwar nicht immer in sich logisch sind, die aber für gehörig Spannung und Dramatik sorgt. Menschen lösen sich in metallenem Staub auf, nur um sich kurz danach wieder zusammenzusetzen; es geht um Energieübertragung durch Induktion, um Magnetismus und künstliche Evolution.

Das birgt, bei allen Brüchen in der Handlung viel mitreißende Spannung, so dass die Lektüre nie langweilig oder aufgesetzt wirkt.