Andrzej Sapkowski: Kreuzzug der Raben - The Witcher 6 (Buch)
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- Kategorie: Rezensionen
- Veröffentlicht: Dienstag, 02. September 2025 19:15

Andrzej Sapkowski
Kreuzzug der Raben
The Witcher 6
(Rozdroże kruków, 2024)
Übersetzung: Erik Simon
dtv, 2025, Hardcover, 350 Seiten, 25,00 EUR
Rezension von Carsten Kuhr
Es gibt einen neuen Hexer-Roman! Was wir eigentlich trotz - oder vielleicht auch gerade wegen des Erfolgs der Netflix-Verfilmung - nicht mehr zu hoffen gewagt haben, ist Wirklichkeit geworden. Andrzej Sapkowski hat sich wieder an die Tastatur gesetzt, sich inspirieren lassen und erzählt uns diesmal von der Jugend des jungen Hexers Geralt.
Nach Abschluss seiner Ausbildung verlässt Geralt eines frühen Morgens Kaer Morhen, um seinen Weg als Hexer in den Königreichen zu suchen und zu beschreiten. Schon bald jedoch lernt er die weniger glanzvollen, unromantischen Seiten seines Daseins kennen.
Gleich zu Beginn seiner Reise greift er zugunsten eines Bauernmädchens ein, das von einem Soldaten bedrängt wird. Den Wüstling macht er kurzerhand, so wie er es gelernt hat, mit dem Schwert nieder. Statt jedoch Ruhm oder Dank zu ernten, wird er vom örtlichen Richter zu zwanzig Peitschenhieben und Zwangsarbeit beim Straßenbau verurteilt. Zu seinem Glück tritt der vorbeiziehende alte Hexer Preston Hold auf den Plan und sorgt dafür, dass Geralt noch eine Weile in Freiheit leben und seine Fähigkeiten weiterentwickeln kann.
Wir begleiten ihn daraufhin bei seinen ersten Abenteuern, in denen er mit allerlei bestialischen Wesen aneinandergerät, ein ums andere Mal erfährt, dass der Obrigkeit und ihren Versprechungen nicht zu trauen ist, und lernt, wie trügerisch Absprachen und Verhandlungen sein können.
Schritt für Schritt kommt er der Geschichte der Hexer auf die Spur, nähert sich dem letzten Überlebenden des Massakers - eben Preston Hold - und beginnt, seinen eigenen Weg zu suchen und schließlich zu finden.
Wie wir es von Sapkowski kennen und schätzen, zeichnet er seine Figuren, allen voran Preston Hold und natürlich Geralt, vielschichtig und ambivalent. Besonders überzeugend ist dabei, dass er Geralt mit einer realitätsnahen Note beschreibt. Geralt ist impulsiv, in gewisser Weise noch blauäugig und voller, manchmal überbordendem Tatendrang. Das bringt ihn häufig in Schwierigkeiten, lässt ihn aber auch innerlich reifen und wachsen. Dieser Prozess wird feinfühlig, aber deutlich in die Handlung eingewoben. Die einzelnen Abenteuer, die durch die gemeinsame Rahmenhandlung - Geralts erste Bewährungsproben - verbunden sind, geben zugleich Einblicke in die Entstehungsgeschichte des Hexer-Ordens, in dessen Verbündete wie Gegner.
Stilistisch hat Übersetzer Erik Simon erneut hervorragende Arbeit geleistet. Die vielen Dialoge lesen sich flüssig, eröffnen unterschiedliche Perspektiven und bereichern den Plot mit Motiven und Stimmungen.
So bietet der Band einen intimen Einblick in die Jugendjahre des Hexers, die ihn prägen und seine spätere, oft zynische Art erklären. Geralts erste Abenteuer, seine schmerzhaften Erfahrungen - körperlich wie seelisch - sind spannend, intensiv und fesselnd erzählt. Damit ist das Buch nicht nur für Fans der Reihe, sondern auch für Neueinsteiger bestens geeignet.