Patricia Briggs: Zeichen des Silbers – Mercy Thompson 5 (Buch)

Patricia Briggs
Zeichen des Silbers
Mercy Thompson 5
(Silver Bourne)
Aus dem amerikanischen Englisch übersetzt von Vanessa Lamatsch
Titelillustration von Animagic
Heyne, 2011, Taschenbuch, 398 Seiten, 8,99 EUR, ISBN 978-3-453-52752-2

Von Carsten Kuhr

Mercy Thompson hat in den letzten Jahren so Einiges über sich ergehen lassen müssen. Mit einer Hexe hat sie sich ebenso angelegt, wie mit dem beherrschenden Vampir-Clan von Tri-City, ihren Nachbarn Adam, den Anführer der Werwölfe ihrer Heimatstadt, hat sie um den Finger gewickelt und an sich gebunden, und auch mit den Feen hat sie sich angelegt – und es, wenn auch nur gerade so, bislang überlebt.

Irgendwer aber meint es nicht eben gut mit ihr. Nicht genug damit, dass ihre Kfz-Werkstatt für deutsche Fabrikate momentan nicht eben über Arbeit stöhnt, jemand im ihrem Wolfsrudel will keine Werkojotin an der Seite des Alphas sehen. Damit nicht genug, verschwinden zwei ihrer Freunde und eine uralte, mächtige Fee meldet sich bei Mercy. Sie besitzt, wenn auch ohne es selbst zu wissen, ein mächtiges magisches Artefakt, und muss, um ihre Freunde zu befreien, in die Höhle des Löwen, pardon in den Hügel gehen, um das zu tun, was jeder, der auch nur ein wenig Grips im Kopf hat, tunlichst vermeidet – einen Handel mit einer Feenprinzessin abzuschließen...

Patricia Briggs’ Urban-Fantasy-Saga um die Werkojotin und ihre Freunde geht in eine weitere, mittlerweile die fünfte Runde. Angereichert hat die Autorin ihre Serie mit bislang zwei bei uns veröffentlichten Werken, die sich mit dem Anführer der Werwölfe von Nordamerika und dessen Familie beschäftigen. Anders als viele ihrer Kolleginnen und Konkurrentinnen konzentriert sich Briggs auf die speziellen Beziehungen innerhalb eines Rudels. Wie sonst allenfalls noch die bei Knaur aufgelegte Kelley Armstrong gelingt es Briggs, ihrem Leser die besondere Rudelbeziehung, die wechselseitigen Abhängigkeiten, den Kampf um Rang und Dominanz, aber auch das Schöne der geschlossenen Gemeinschaft und der damit verbundenen Sicherheit begreifbar und nachvollziehbar zu machen. Ihre übernatürlichen Wesen verhalten sich nicht wie Menschen, sondern agieren stimmig aus ihrer Besonderheit heraus und sind gerade darum für den Leser so interessant.

Neben diesem Schwerpunkt, dem auch vorliegend wieder viel Platz in der Handlung eingeräumt wird, erzählt sie uns erneut von den Feen. Das Bild, das sich hier offenbart, hat mit der weichgespülten Disney Version der netten Wünsche-Fee nichts zu tun, das erinnert stattdessen frappierend an Grimm’sches Grauen. Das sind böse Wesen, die sich am Leid ihrer Opfer weiden, die am liebsten unfair spielen, ihre Verhandlungspartner übervorteilen und schlussendlich über den Tisch ziehen. Dass sie dabei vorliegend einmal mehr nicht mit dem Sturkopf einer Automechanikerin gerechnet haben, trägt zum ungetrübten Lesegenuss des Romans bei. Gerade wenn man die vorhergehenden Titel kennt, wenn man mit der Reihe gewachsen ist, die Offenbarungen verfolgt hat, wird man erst richtig würdigen, wie die Autorin geschickt und unauffällig, dabei aber detailreich und überraschend, ihre Welt immer weiter ausbaut.

Das hat unbestreitbar ein wenig Soap-Charakter, liest sich aber gleichzeitig so rasant und spannend, dass der Leser diesen Weg gerne mitgeht. Insoweit eine der besseren, weil eigenständigen Reihen des Sub-Genres.