Clementine 1 (Comic)

Tillie Walden
Clementine 1
(Clementine, Book One, 2022)
Übersetzung: Frank Neubauer
Cross Cult, 2023, Hardcover, 256 Seiten, 26,00 EUR

Rezension von Christel Scheja

Die Welt von „The Walking Dead“ hat auch einige Geschichten hervorgebracht, die sich nicht um Rick und seine Freunde drehen, sondern in einem ganz anderen Kontext spielen. Eine davon war die dies Telltale Games um die Heldin Clementine, deren Geschichte nun auch von Tillie Walden spannend in Szene gesetzt wurde.


Traumatische Ereignisse haben Clementine zu einer einsamen Wanderin gemacht, die jedem misstraut und niemanden wirklich an sich heran lässt. Deshalb bleibt sie auch nicht lange bei einer Gruppe Amish, die sie immerhin medizinisch versorgen. Sie will unbedingt weiter nach Norden. Der junge Amish Amos wird zu einem Weggefährten.

Dabei treffen sie in einem verlassenen Skigebiet in Vermont auf eine Gruppe von Teenagern, die versuchen, dort eine Zuflucht ohne Walker zu errichten. Allerdings zeigt sich schon wie bei den Erwachsenen bald, dass Freundschaft und Zusammenhalt, Vertrauen und Liebe nicht für alle gelten und die größte Bedrohung von ihnen selbst kommt.


Auch wenn Clementine ein Teenager ist, so ist die Geschichte doch nicht unbedingt etwas für Kinder, allenfalls für ältere Jugendliche, die mit dem Horror und Grauen schon zurecht kommen. Denn die Welt von „The Walking Dead“ ist nicht gerade nett zu ihren Bewohnern und kann sehr grausam werden.

Die Heldin hat tatsächlich gelernt damit zu leben und sich eine zynische, kaltschnäuzige Fassade zugelegt, auch wenn sie gelegentlich durchblitzen lässt, dass sie auch anders sein kann. Aber sie ist nicht bereit dazu, sich noch einmal verletzen zu lassen oder zu viel für andere Leute zu empfinden, die sie dann doch verlieren könnte - das ist ein Trauma, das sie neben ihren Verletzungen davon getragen hat.

Immerhin hat ihre Reise sie erwachsener gemacht als Amos, der noch ein wenig zu blauäugig in die Welt schaut. Oder die Gruppe auf die sie stoßen und mit der sie versuchen, eine Weile auszukommen.

Letztendlich hat die dystopische Atmosphäre auch schon die Kinder hart gemacht - und es ist spannend mitzuerleben, wie Clementine und die anderen sich durchschlagen; die Zombies sind zwar letztendlich eine Bedrohung und ein lästiges Übel, aber letztendlich doch nicht so gefährlich wie andere Menschen - etwas, was man schon aus der Hauptserie kennt. So gesehen wird der Comic zu einer netten Ergänzung der Hauptsaga. Tillie Walden erzählt das Ganze mit feiner Feder und einer gelungenen Mischung aus Charakter-Entwicklung und Jugend-Drama, Action und Horror.

Wer schon „The Walking Dead“ mochte, wird durchaus auch seinen Spaß an „Clementine“ haben, denn gerade weil die Heldin der Geschichte noch eine Jugendliche ist, setzt die Künstlerin die Schwerpunkte anders und bringt so frischen Wind und ganz andere Themen in das dystopische Setting, die bisher noch nicht berücksichtigt wurden.