Wonder Woman gegen Cheetah (Comic)

Wonder Woman gegen Cheetah
(Wonder Woman 6, 274, 275 (1942), 9 (1987), (2011)23.1 (2011), 8 (2016), Justice League 13, 14 (2011))
Autoren: William Moulton Marston, Gerry Conway, George Pérez u.a.
Zeichnungen: H. G. Peter, José Delbo, George Pérez u.a.
Übersetzung: Jörg Fassbender, Christian Heiß, Ralf Kruhm
Panini, 2020, Paperback, 180 Seiten, 18,99 EUR, ISBN 978-3-7416-1814-7

Rezension von Irene Salzmann

Wonder Woman debütierte 1941 in „All Star Comics“ 8 und erhielt bald darauf ihre eigene Serie. Geschaffen wurde sie von dem Autor und Psychologen William Moulton Marston, der nicht nur an der Entwicklung des Lügendetektors beteiligt war, sondern auch zu Fesselspielen neigte, worauf das ‚Lasso der Wahrheit‘ der Amazone anspielt. 

Von Beginn an ist Wonder Woman ein emanzipierter Charakter, der eigene Konfliktlösungen sucht, die sich von denen ihrer Kollegen unterscheiden und sie auch innerhalb eines Teams wie der JLA zu mehr als einer Quoten-Frau und hübschem Anhängsel machen. Natürlich liegen ihr die Belange der Geschlechtsgenossinnen besonders am Herzen.

Das hindert einige von ihnen jedoch nicht daran, als ebenfalls starke Persönlichkeiten Wonder Woman zu bekämpfen. Die Motive der Gegnerinnen sind verschieden. Von Eifersucht und Rivalität reicht die Bandbreite bis zur Verbrecherkarriere aus Habsucht, Fehlleitung/Manipulation und falschen ideologischen Idealen.

Eine regelmäßig wiederkehrende Feindin ist Cheetah, deren Geschichte nach verschiedenen Neustarts beinahe genauso oft umgeschrieben wurde wie die von Wonder Woman, dabei später durch ein neues Alter Ego ersetzt wurde und einen mythischen Background erhielt. Ihren ersten Auftritt hatte Cheetah 1943 als Priscilla Rich in „Wonder Woman“ 6. 1980 gab sie das Kostüm weiter an ihre Nichte Deborah Domaine. 1987 wurde sie unter dem Namen Barbara Ann Minerva in „Wonder Woman“ (Vol. 2) 7 eingeführt und übernahm nicht einfach nur das Geparden-Kostüm: Sie wurde zur Gepardin!

Für den vorliegenden Sammelband „Wonder Woman gegen Cheetah“ hat die Panini-Redaktion eine kleine Auswahl Comic-Geschichten aus fast 80 Jahren zusammengetragen. Diese Zeitreise ist zugleich eine Chronologie der Entwicklung von Themen und Rollenbildern, Erzähl- und Zeichenstil/Kolorierung. Wie einfach und schnell sind die Comics des Golden Age und Silver Age noch zum Punkt gekommen, während jüngere Erzählungen sehr viele Seiten mehr benötigen, um vielschichtige Charaktere und eine komplexe Handlung angemessen darzustellen!

Dennoch haben die älteren Episoden, die man stets in Hinblick auf den damaligen Zeitgeist betrachten sollte, ihren ganz eigenen Charme, dem sich der Leser gern hingibt.


Wonder Woman und Courtley Darling, die Spendengelder für die befreiten Länder Europas sammeln, werden von der Millionärin Priscilla Rich beschuldigt, die Einnahmen gestohlen zu haben. Keiner ahnt, dass die junge Frau eine gespaltene Persönlichkeit besitzt und sie von ihrer Cheetah-Identität kontrolliert wird, die den Hass auf Wonder Woman befeuert („Wonder Woman“ 6).

Es gelingt Wonder Woman, eine Umweltkatastrophe zu verhindern. Vor Ort trifft sie auf eine Gruppe Aktivisten, darunter die vermögende Debbi Domaine, die sich als Nichte der gealterten und sterbenden Priscilla Rich entpuppt. Der Schurke Kobra manipuliert sie, als neue Cheetah zur Umweltterroristin zu werden („Wonder Woman“ 274 + 275).

Die gehbehinderte Archäologin Barbara Ann Minerva lässt Wonder Woman wissen, dass sie Informationen über den Verbleib von Gaias zweitem Gürtel - aus einem wurde das Lasso der Wahrheit gefertigt - verfügt. Als die Forscherin das Lasso berührt, zwingt es sie zuzugeben, dass es ein Trick war, durch den sie sich in den Besitz des Artefakts bringen wollte. Um ihr Ziel doch noch zu erreichen, unterzieht sie sich einem uralten Ritual, das sie zu Cheetah werden lässt, welche die Amazone sogleich mit Vehemenz angreift und in Bedrängnis bringt („Wonder Woman“ Vol. 2, 9).

Um zu erfahren, wie sich die Verwandlung von Barbara Ann Minerva in Cheetah wieder rückgängig machen lässt, begibt sich Wonder Woman auf die Suche nach einem mysteriösen Stamm, der im Dschungel des Amazonas leben soll. Trotz der Unterstützung durch die JLA gelingt es ihr nur unter großen Mühen, Cheetah lebend zu fangen und ein Blutbad zu verhindern. Hara, die Anführerin des Stammes, macht Wonder Woman wenig Hoffnung, ihre vermeintliche Freundin retten zu können („JLA“ 13 + 14).

Nach ihrem Ausbruch aus dem Gefängnis wird Cheetah gejagt, doch tauscht sie sogleich die Rollen und wird selbst zur Jägerin. Und sie erinnert sich, wie alles begann („Wonder Woman“ 23.1).

Schon die junge Barbara Ann Minerva war überaus fasziniert von den Mythen versunkener Kulturen. Trotz vieler Widerstände und Rückschläge verwirklicht sie ihren Traum, als Archäologin nach der Wahrheit zu forschen, die den alten Sagen zugrunde liegt. Doch die Entdeckung der sagenhaften Amazoneninsel Themyscira bleibt ihr weiterhin verwehrt („Wonder Woman“ (2016) 8).


Die beiden Protagonistinnen haben sich mit der Zeit stark gewandelt, wenngleich das Grundmotiv geblieben ist. War Wonder Woman zunächst eine ambitionierte Superheldin, die Verbrecher jagt und die Rechte von Frauen stärken will, so wurde sie später von Zweifeln geplagt, welche Aufgabe ihr die Götter wirklich auf den Weg gegeben haben und wie sie mit dem Gefühl der Unzulänglichkeit umgehen soll, weil sie nicht überall zugleich sein und jeden retten kann. Nach weiteren Neustarts kamen noch eine gewisse Verständnislosigkeit für die ‚Männer‘-Welt außerhalb des abgeschirmten Themyscira und sprachliche Hürden hinzu sowie neue persönliche Konflikte. Dadurch wurde sie trotz ihrer Kräfte menschlicher und kann ihren ‚normalen‘ Freunden auf Augenhöhe begegnen.

Cheetah entwickelte sich von der die Amazone hassenden Schurkin im Gepardenkostüm in jüngerer Zeit zu einer durch mystische/göttliche Macht geschaffenen Tierfrau, die zeitweilig in ihrer Menschengestalt als Freundin von Wonder Woman auftrat und sich aus Enttäuschung von ihr abwandte. Weiterhin ist Hass die Triebfeder von Cheetah, sodass sie die Gegnerin und selbst Außenstehende immer wieder angreift, und in dieser Version hat sie auch die Stärke, es mit Wonder Woman und sogar der JLA aufzunehmen. Indem sie den Hass verkörpert, wird sie zum Gegenpol der helfenden, versöhnenden, liebenden Wonder Woman, die niemals andere als Schutzschild verwenden oder in Gefahr bringen würde, um die Feindin zu erreichen.

Zeichnerisch liefert der Sammelband ein buntes Potpourri von schlicht und comichaft über idealistischere Bilder, in die teilweise wieder mehr Realismus einfließt (Mimik). Was gefällt, ist wie immer Geschmacksache, doch ein Künstler wie Tony S. Daniel sticht immer besonders hervor, und auch durch die Kolorierung am Computer werden Maßstäbe gesetzt.

„Wonder Woman gegen Cheetah“ ist eine Reise durch die Zeit, in der an einige wichtige Momente im Leben beider Charaktere und ihren Werdegang erinnert wird, ergänzt durch informative Sekundärtexte. Eine interessante Lektüre für Fans, die sich auch für die Hintergründe interessieren, gut zusammengestellt, sodass auch diese aus dem Zusammenhang genommenen ‚Story-Schnippsel‘ stets einigermaßen vollständige Geschichten bieten.