Parallel 1: New York, New York (Comic)

Philippe Pelaez
Parallel 1
New York, New York
(Parallèle Nr. 1: New York, New York, 2016)
Übersetzung: Tanja Krämling
Titelbild und Zeichnungen: Laval Ng
Splitter, 2017, Hardcover, 64 Seiten, 14,80 EUR, ISBN 978-3-95839-546-6

Rezension von Elmar Huber

Amerika 2070: Die Explosion russisch-chinesischer Neutronenbomben im Erdorbit sorgt dafür, dass sich die Erde ‚verdoppelt‘. Es entsteht eine Parallelwelt, auf der der amerikanische Präsident noch einen Gegenschlag mit virenbestückten Raketen veranlassen kann, während er auf Erde-1 getötet wird.

Das Jahr 2082: Ressourcen-Ausbeutung und Kriege haben die Erde (-1) zu einem sterbenden Planeten gemacht. Im Rahmen der Orus-Mission werden zwei Raumschiffe losgeschickt, um einen neuen Lebensraum für die Menschheit zu finden. Nach einem Magnetsturm muss eines der Schiffe, die „Hybris“, mit einem defekten Antrieb auf einem unbekannten Planeten mit arktischen Bedingungen notlanden.

Für Commander Sylan Kassidy und seine Mannschaft scheint es unmöglich, je wieder nach Hause zu gelangen. Auf der eisigen Planetenoberfläche tummeln sich zombieartige Kreaturen, denen gerade zwei Besatzungsmitglieder auf Erkundungsmission zum Opfer gefallen sind und die die erste Chance ergreifen, in das Raumschiff zu gelangen. Die Mannschaft schafft in letzter Sekunde die Flucht mit einem Shuttle.

Die Leiche eines Zombies zeigt, dass diese Wesen den Menschen frappierend ähnlich sind. Etwas, das, wissenschaftlich gesehen, unmöglich scheint, denn wie soll eine Evolution, nahezu gleich der des Menschen, auf einem völlig fremden Planeten mit derart frostigem Klima geschehen sein? Commander Kassidy erhält die Erklärung, als das Shuttle auf die schneebedeckten Trümmer von New York zusteuert.


Mit der Prämisse der Parallel-Erde, auf der durch eine abweichende Achsenausrichtung andere klimatische Bedingungen herrschen und die von einem sterbenden Präsidenten verseucht wurde, liefert „Parallel“ einen erfrischend neuen Ansatz für ein allseits bekanntes Zombie-Szenario. Auf den ersten Blick scheinen die Neuerungen zwar nur oberflächlicher Natur zu sein, doch ist „Parallel“ noch einiges mehr als ein ‚Planet der Zombies‘.

Autor Philippe Pelaez zieht seine Geschichte auch sehr geschickt auf, indem er im Jahr 2082 auf der havarierten „Hybris“ (sehr symbolhaft) beginnt, deren Mannschaft sich den plötzlichen Zombie-Angriffen erwehren muss und gleichzeitig versucht, ihr Schiff wieder flott zu bekommen. Ein sehr guter Kniff ist auch die weiterhin bestehende Funkverbindung zu Erde-1, über die Kassidy mit dem aktuellen US-Präsidenten Ashton Saint-John in Verbindung steht, so dass in diese Dialoge einige erklärende Informationen für den Leser eingebaut werden können.

Es kommt schließlich zum „Planet der Affen“-Moment, in dem Kassidy und seine Mannschaft erkennen, dass sie auf einer Parallel-Erde (-2) gelandet sind, von deren Existenz sie bisher nichts wussten. Leider wird dieser Schlüsselmoment schon vom Cover-Motiv verraten. Da dieser Augenblick an Dramatik kaum mehr zu überbieten ist, springt Pelaez plötzlich in die Vergangenheit und schildert, wie es zu dieser Doppelung und zur Verseuchung von Erde-2 kommen konnte. Auch hier, im War-Room der US-Regierung, spielte Sylan Kassidy bereits eine wichtige Rolle. Außerdem erfolgen in diesen Szenen die grundsätzlichen Charakter-Zeichnungen, sowohl von Kassidy als auch von Vizepräsident und späteren Präsident Saint-John, zwischen denen sich, angefangen bei diesen dramatischen Ereignissen, eine loyale Freundschaft entwickelt hat.

Band 1 endet recht plötzlich, und man kann davon ausgehen, dass einige Szenen als Vorbereitung auf die Folgebände zu sehen sind. So würde es nicht verwundern, sollte Kassidy auf die Alternativ-Version seiner Familie treffen. Auch das zweite Raumschiff der Orus-Mission könnte im weiteren Story-Verlauf eine Rolle spielen. Die 15 Seiten Artbook-Bonus (Charakter-Studien, Skizzen etc.) lassen ebenfalls erahnen, was Kassidys Mannschaft in „Parallel“ 2 erwartet.

Bei den kantigen Zeichnungen des Mauritianers Laval Ng fühlt man sich außerdem glatt in ein (Erwachsenen-) SF-Fantasy-Comic-Album aus den 80er Jahren, Marke Alfonso Azpiri, Juan Gimenez & Co. versetzt. Tolles Retro-Feeling!

Auf den ersten Blick scheint „Parallel“ ‚nur‘ ein „Planet der Affen“ mit Zombies zu sein, doch die durchdachte Erzählweise verspricht, dass der Autor noch einige Überraschungen für die Folgebände auf Lager hat.