Friedrich Wilhelm Mader: In der verschollenen Stadt (Buch)

Friedrich Wilhelm Mader
In der verschollenen Stadt
Sämtliche phantastischen Abenteuererzählungen 1903-1914
synergenVerlag, 2016, Paperback, 318 Seiten, 29,80 EUR, ISBN 978-3-946366-09-6

Rezension von Carsten Kuhr

Es gab einmal eine Zeit, da war die Welt kleiner. Überall auf der Landkarte existierten weiße Flecken, Gebiete, die noch nie zuvor eines weißen Menschen Fuß betreten hatte. Dass diese Terra Inkognito nicht nur den Forschergeist unzähliger Wissenschaftler anspornte, von den Glücksrittern und Schatzsuchern wollen wir einmal gar nicht reden, sondern auch Autoren aus aller Herren Länder dazu anstiftete, sich Geschichten um und in diesen Gegenden einfallen zu lassen, darf als Glücksfall für die moderne Literatur gelten.

Zu den Verfassern, die uns heute noch geläufig sind, zählte neben Karl May, Jules Verne und Robert Kraft auch Sir Henry Rider Haggard. Dessen phantastisch angehauchte Afrika-Romane sind, ebenso wie die Kolportage-Romane aus der Feder Robert Krafts nach wie vor lesbar, üben weiterhin einen Sog auch auf den modernen Leser aus.

Detlef Münch hat, gut zehn Jahre mag es mittlerweile her sein, in seinem synergenVerlag eine kommentierte Haggard-Bibliographie aufgelegt, der er eigentlich eine entsprechende Bibliographie zu dem heute kaum mehr bekannten Werk Friedrich Wilhelm Maders folgen lassen wollte. Aber es blieb, vorerst zumindest, bei dem Plan; bis der Verleger, der sich mittlerweile dem Oeuvre Hans Dominiks zugewandt hatte, plötzlich, unerwartet aber höchst willkommen vier Bände mit Geschichten aus der Feder Maders ankündigte!

Wie der Herausgeber sowohl in seinem kundigen Vorwort als auch in dem umfangreichen, dem Band beigegebenen Sekundärmaterial zutreffend ausführt, braucht Mader sich vor Zeitgenossen wie Haggard oder Conan Doyle, was die phantastischen Ideen anbelangt, nicht verstecken.

Lost Race Plots, verschollene Hochkulturen, zerfallene, vergessene Reiche und gefährliche Paläste und Ruinen erwarten den Leser in seinen seit Jahrzehnten nicht mehr aufgelegten Werken.

Allerdings, und auch dies benennt Münch ebenso ehrlich wie zutreffend, mangelt es dem Pfarrer Mader mit seinem Drang den Leser zu bilden, ein wenig an dem Sinn für Dramatik. Oft mag man als Leser dem Autor zurufen wollen, dass er doch bitte einen einzelnen Helden ins Zentrum stellen möge, dass er die verschollenen Ruinen mit ihren archäologischen wie merkantilen Schätzen einmal gefunden, die Handlung weiterführen möge, allein, hier belässt es der Autor bei der Beschreibung seines Weges, in die er jede Menge Informationen über Land und Leute hat einfließen lassen. Wer also hofft, hier auf den Spuren eines Allan Quatermains wandeln zu können, der sieht sich - leider - getäuscht.

Leider deshalb, weil es der Autor durchaus versteht, seine Leser an die Seiten zu bannen. Mader kann erzählen und, fast wichtiger, er hat etwas zu erzählen!

Münch hat in vorliegendem Band, der zum 150. Geburtstag Maders erscheint, die fünf phantastischen Abenteuergeschichten, die der Verfasser später in mehrere schwer lesbare Romane ausbaute, zusammengefasst.


Begleiten wir den Autor und seinen Wiederentdecker also in vier Geschichten ins wilde, unerforschte Afrika und zuletzt nach Tibet - und staunen nicht nur ob der verschollenen Hochkulturen, deren Errungenschaften und Bauwerke wir dabei kennenlernen, sondern auch über die fiesen Schurken, die unseren aufrechten Abenteurern begegnen, über Verrat und nicht zuletzt über phantastische Erfindungen der Professoren, die wir unterwegs kennenlernen dürfen.

Dabei begegnen uns verräterische Araber, hochnäsige Häuptlinge der zentralafrikanischen Stämme, einige Buren und jede Menge gefährliche Situationen. Es gilt Schätze zu finden, verschollene Metropolen wieder aufzufinden, Todgeweihte zu retten und unbekannte Länder und Kulturen kennenzulernen.


Das ist auch für heutige Leser noch interessant fabuliert und weckt das Interesse an einem Autor, der zu Unrecht lang vergessen schien.