Inio Asano: Ctrl+T – Inio Asano Works (Buch)
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- Veröffentlicht: Sonntag, 25. Januar 2015 10:54
Inio Asano
Ctrl+T – Inio Asano Works
Aus dem Japanischen von Yuko Keller
Tokyopop, 2015, Paperback, 224 Seiten, 19,95 EUR, ISBN 978-3-8420-1030-7
Von Christel Scheja
Inio Asano ist in Deutschland vor allen durch seine Serien „Gute Nacht, Punpun“ und „What a Wonderful World“ bekanntgeworden. In den letzten Monaten erschienen mit „Mädchen am Strand“ und „Solanin“ aber auch erwachsenere Titel bei Tokyopop, in denen der Künstler die Lebenswirklichkeit junger Japaner einfing. Mit „Ctrl+T – Inio Asano“ erscheint nun das Artbook zu diesen Serien.
Neben Interviews, Illustrationen, Kurzcomics und Titelbildern sind auch zwei Geschichten in dem Band zu finden. In „Warten auf den Frühling“ mietet eine junge Frau eine Wohnung am Stadtrand an. Ein kleines Fundstück erzählt ihr dabei von der Vergangenheit dieses Ortes. In „Sonnenblumenfeld“ versucht ein junger Mann mit dem Tod seiner Eltern fertig zu werden. Dabei ist es weniger ihr Dahinscheiden selbst als die Begleitumstände, die ihm nun zu schaffen machen. Denn nach seiner kurzen Karriere als Handballstar ist er tief gestürzt und schafft es jetzt nicht mehr, aus dem Loch zu kriechen. Der Besuch der Eltern des Mannes, der seinen Vater und seine Mutter auf dem Gewissen hat, macht das Ganze auch nicht leichter.
„Punpun“ wird mit dem Erwachsenwerden seiner Freunde und unangenehmen Fragen konfrontiert, die damit in Verbindung stehen. Und immer wieder stellen junge Menschen den Irrsinn in Frage, der sie umgibt.
In den Interviews stellt der Künstler sich und seine Sicht auf die Welt in humorvoller Weise und mit viel Zynismus vor, etwas, was sich auch in seinen Mangas widerspiegelt.
Aus diesem Grund ist „Ctrl+T“ auch kein typisches Artbook, in dem alles hübsch, adrett und glatt gebügelt wirkt. „Warten auf den Frühling“ spielt durch kleine aber feine Details auf die Ereignisse in „Solanin“ an und erinnert an dessen Protagonisten, während die Heldin der Geschichte in einer ganz bestimmten Wohnung einen Neuanfang wagen will – lyrisch und magisch allein durch die schlichte Erzählweise und die klaren Bilder, die einen als Leser gleich in das Szenario versetzen und mit der Figur fühlen lassen.
Ähnlich intensiv und hintergründig ist auch „Sonnenblumenfeld“. Aufhänger ist ein trauriger Anlass, der gleich mehreren Menschen zu schaffen macht – aber wie sie damit umgehen ist ebenso spannend umgesetzt und erlaubt den Lesern, sich eine eigene Meinung über sie zu bilden. Das Ende erweist sich dann als bittere Abrechnung mit einem verpfuschten Leben.
Die schräge und eigenwillige Weltsicht des Künstlers findet sich auch in seinen Illustrationen und Kurzcomics wieder. Sie wirken stellenweise zwar wie dahingeworfen, ergeben aber auf dem zweiten Blick ihren Sinn. Man muss sich Zeit nehmen und die Details auf sich wirken lassen, um mehr als nur ein hübsches Gesicht zu sehen.
Wie Inio Asano tickt bekommt der Leser aber erst richtig in den beiden Interviews mit, die er mehr oder weniger mit sich selbst führt – in denen er einerseits Nähkästchen plaudert, aber durchaus auch die Interview-Kultur auf die Schippe nimmt. Alles in allem bekommt man durch ihn ein anderes Bild Japans zu sehen – weit entfernt von den schön geschminkten und glattgebügelten Mainstream-Mangas und hintergründiger als in den meisten romantischen und humorvollen Geschichten, die sich ebenfalls auf dem Markt tummeln.
„Ctrl+T – Inio Asano Works“ ist daher nicht nur ein Artbook für die Fans des Künstlers, sondern auch einen Blick wert, wenn man hintergründige Bilder und Geschichten mag, die mehr oder weniger ungeschminkt und mit einem gewissen Augenzwinkern einen Blick hinter den schönen Schein der populären Medien und auf die Lebenswelt junger Japaner wirft, wie sie heute wirklich aussehen dürfte, ohne dabei jedoch den Humor zu verlieren.