Naomi Novik: Drachenfeind (Buch)
- Details
- Kategorie: Rezensionen
- Veröffentlicht: Samstag, 24. Januar 2015 09:46
Naomi Novik
Drachenfeind
Die Feuerreiter Seiner Majestät 8
(Blood of Tyrants)
Übersetzung: Marianne Schmidt
Penhaligon, 2014, Paperback mit Klappenbroschur, 576 Seiten, 14,99 EUR, ISBN 978-3-7645-3074-7 (auch als eBook erhältlich)
Von Christel Scheja
Mit ihrer Serie um „Die Feuerreiter Seiner Majestät“ wagte sich Naomi Novik noch vor einigen Jahren auf glattes Eis, aber der Erfolg hat ihr Recht gegeben. Anders als viele ihrer Kollegen siedelte sie ihre Drachengeschichte nicht im Mittelalter oder einer früheren Epoche an, sondern in der napoleonischen Ära. Beschränkte sie sich anfangs nur auf den Konflikt in Europa, so ist heute die ganze Welt ihre Spielwiese. Auch „Drachenfeind“ spielt weit entfernt von England und Frankreich.
Ein Schiffsunglück hat Kapitän Will Lawrence und seinen Drachen Temeraire voneinander getrennt. Während letzterer den Drachentransporter hat retten können, sich dabei aber ziemlich verausgabte und nun ausgerechnet deswegen in seinem Verlangen ausgebremst wird, seinen Freund und Reiter zu finden, ist letzterer an der Küste Japans angespült worden. Als er wieder zu sich kommt, muss er sich nicht nur mit der fremden Kultur herumschlagen, die ihn als einen gefährlichen Eindringling ansieht und bereits vorverurteilt, sondern auch mit einem schwerwiegenden Gedächtnisverlust. Die letzten acht Jahre sind wie weggewischt, er ist wieder der steife und linkische Offizier im Dienst Seiner Majestät, der Kapitän eines Schiffes und hat keinerlei Erinnerung an seinen Drachen und die Abenteuer, die er mit diesem erlebte. Er weiß nur, dass er es irgendwie schaffen muss, Nagasaki zu erreichen, die einzige Stadt in Japan, in der Ausländern erlaubt ist, sich aufzuhalten. Doch das ist in einem feindlichen Land, in dem er sich kaum verstecken kann, nicht einfach, auch wenn er Hilfe bekommt.
Währenddessen tut Temeraire alles, um seinen Freund wiederzufinden, auch wenn er auf viel Widerstand trifft, weil niemand einen Krieg mit Japan provozieren will. Noch weiß er allerdings nicht, was ihn im Land der aufgehenden Sonne erwarten wird.
Mittlerweile ist es als Neueinsteiger gar nicht mehr so einfach, in die Serie einzusteigen. Auch „Drachenfeind“ setzt schon eine Menge Wissen voraus, ist aber etwas besser zu verstehen, da sich der menschliche Held mit Gedächtnisverlust herumschlagen und durch eine ihm feindlich gesonnene Umgebung kämpfen muss, so dass auch dem Leser Vieles erklärt wird. Gelungen ist vor allem die erste Hälfte des Romans, in der sich Lawrence durch Japan schlägt und immer damit rechnen muss, dass er unter das strenge Gesetz des nach außen hin abgeschotteten Landes fällt. Lebendig und spannend erzählt die Autorin von der fremden Kultur und weckt einige Erinnerungen, wenn man die Fernsehserie „Shogun“ gesehen hat. Auch die Probleme in China sind noch spannend aufbereitet, während der Russlandfeldzug Napoleons viel zu hastig und überstürzt abgehandelt wird.
Der Roman ist flüssig geschrieben, die Figuren sind sympathisch aufgebaut und die Autorin findet die richtige Mischung aus Abenteuer, Beschreibung und Dialogen, dennoch bleibt die Spannung auf einem eher niedrigen Niveau. Das liegt daran, dass man Vieles bereits kennt – seien es die Macken der Drachen oder der Menschen, der alltägliche Umgang der Figuren miteinander oder die erwartungsgemäße Entwicklung der Geschichte. Die überraschenden Wendungen sind schwer zu finden und wenn, dann erzielen sie nicht die Wirkung, die sie erreichen sollten. Zwar ist der Gedächtnisverlust von Lawrence eine Chance, einige Weichen neu zu stellen, diese nutzt die Autorin aber zugunsten der gängigen Abenteuer so gut wie gar nicht aus. Zwar darf der Held ein wenig mit dem, was er erfährt, hadern, ist aber am Ende schon fast wieder der Alte. Und noch scheint kein Abschluss in Sicht, denn das Ende bleibt mehr oder weniger offen.
Alles in allem ist „Drachenfeind“ ein weiterer solide geschriebener Teil der Serie um „Die Feuerreiter Seiner Majestät“. Allerdings sollte man weder all zu große Überraschungen noch Veränderungen erwarten, da gerade zum Ende hin die Autorin leider wieder in gängige Routine und selbstgeschaffene Klischees verfällt.