Die Chroniken der Seelenwächter 1: Die Suche beginnt & Schicksalsfäden, Nicole Böhm (Buch)

Die Chroniken der Seelenwächter 1
Die Suche beginnt & Schicksalsfäden
Nicole Böhm
Titelillustration von Arndt Drechsler
Greenlight Press, 2014, Taschenbuch, 276 Seiten, 9,99 EUR, ISBN 978-3-958-34017-6 (auch als eBook erhältlich)

Von Carsten Kuhr

Es ist Nacht in einem kleinen Kaff im Nirgendwo von Kanada. In einem verlassenen Park macht ein Mann Jagd auf eine Frau. „Ein Unhold“, sagen Sie, Überfall, Diebstahl oder gar Vergewaltigung, glauben Sie? Weit gefehlt! Was zunächst danach aussieht, als ob einer Unschuldigen Gewalt angetan werden soll, das erweist sich, bei näherer Betrachtung, als Fortsetzung eines immerwährenden Kampfes.

Auf der einen Seite stehen die Seelenwächter. Seit Jahrhunderten versuchen sie, die Menschheit vor den Schattendämonen zu bewahren, sind selbst fast unsterblich und dem Leben in all seinen Ausprägungen zugetan. Auf der anderen Seite stehen die Seelen, die ihren Weg ins Licht nicht gefunden haben, die hungern und versuchen, sich an den Seelen der Lebenden zu laben.

Zurück zum Beginn des Romans. Jaydee, der scheinbare Unhold, ist selbst unter den Seelenwächtern ein Sonderfall. Der Mann mit einem dämonischen Erbe verfolgt nicht etwa eine Unschuldige, sondern eine Schattendämonin. Dass diese ihm entkommt, erweist sich als fatal. In der nahegelegenen, baufälligen Kirche versucht Jess gerade mittels einer Geisterbeschwörung, die sie aus dem Internet gegoogelt hat, Hinweise auf ihre vor Jahren verschwundene Mutter zu erhalten. Dass die flüchtige Dämonin, die sie um Hilfe anfleht, beileibe kein hilfloses Opfer ist, sondern ihr die Lebenskraft zu entziehen versucht, kann sie nicht ahnen als sie dieser zu Hilfe eilt. Als sie wieder zu sich kommt, befindet sie sich zusammen mit ihrem Schutzgeist, einer Fylgja, im Refugium der Seelenwächter – und muss erkennen, dass ihr behütetes Leben nie wieder dasselbe wie vor dem Angriff sein wird.

Die Dämonen rotten sich zusammen, um sie zu verfolgen. Warum nur leuchtet ihre Aura so hell, warum ist ihre Mutter vor Jahren ohne Abschied verschwunden und was steckt hinter den Vorkommnissen und der seltsamen Faszination, die eine der Wächterinnen für sie empfindet? Fragen, die in den nächsten Romanen der Serie beantwortet werden.

Nicole Böhm hat mich zunächst überrascht, dann verwirrt und schließlich gefesselt. Ohne jegliche Einführung geht es gleich mitten hinein in den Plot, erwartet uns eine spannende Verfolgungsjagd, jede Menge Tempo und Gewalt. Da schmeißt sie, bildlich gesprochen, ihre Leser ins eiskalte Wasser, erklärt nichts – warum soll es uns auch besser ergehen, als ihrer Hauptperson –, fesselt aber durch die dramatischen Vorgänge. Erst danach beginnt sie, die Hintergründe zumindest ansatzweise aufzudecken, ihre Figuren näher vorzustellen und zu beleuchten, sowie die phantastische Urban-Fantasy-Welt einzuführen.

Wer nun aber mit den üblichen Waschbrettbauch-gestählten Vampiren oder dominanten Werwölfen rechnet, der wird enttäuscht. Böhm versucht ganz bewusst, eigene Wege zu gehen, reiht sich, wenn es denn überhaupt einen Bezug gibt, eher neben Gena Showalters Herren der Unterwelt ein, als dass sie dem Üblichen nacheifert.

So verwirrend sich gerade der erste Band der zunächst als eBook publizierten Serie anbot – jeweils 2 eBooks werden dann zu einer Printausgabe zusammengefasst – erwiesen sich die Rätsel doch als so spannend, dass der Leser gezwungen ist, weiterzulesen um zu erfahren, wie alles zusammenhängt. Und schon ist man drin in der Handlung, die voller Elan, Tempo und Rätseln daherkommt. Gegenspieler werden aufgebaut, wir erfahren erste Hinweise darauf, was sich hinter den Geheimnissen verstecken könnte, Cliffhanger und weitere Handlungsfäden halten das Interesse wach.

So ist dies eine Urban-Fantasy-Reihe, die Spaß macht, die neugierig macht auf das was noch kommt, und Figuren vorstellt, die Potential haben.