Sun Koh – Der Erbe von Atlantis 9: Atlantis, Paul Alfred Müller (Buch)

Sun Koh – Der Erbe von Atlantis 9
Atlantis
P. A. Müller
Titelillustration von Fritz Lattke
Verlag Dieter von Reeken, 2014, Paperback, 496 Seiten, 27,50 EUR, ISBN 978-3-940679-86-4

Von Carsten Kuhr

Es ist vollbracht! Nach der erfolgreichen Neuauflage von „Jan Mayen“ im ungekürzten und unbearbeiteten Neusatz, machten sich Verleger Dieter von Reeken und Nachlassverwalter Heinz J. Galle, nachdem die an den Schweizer SSI Verlag verkauften Rechte der Neuauflage ausgelaufen waren, an die Sisyphusarbeit, die bekannteste Serie Paul A. Müllers dem Leser in einer wohlfeilen Edition vollständig zugänglich zu machen. Nicht weniger als einhundertfünfzig Hefte warteten darauf, eingescannt zu werden, dazu kamen textlich abweichende Versionen und erläuternde Nachworte, die zu erfassen und zu schreiben waren.

Pünktlich wie ein Schweizer Uhrwerk erreichten die Bände dann den Briefkasten der Besteller, und die Reihe bewies, dass sie auch gut 80 Jahre nach ihrer Erstveröffentlichung ihre Faszination nicht verloren hatte.

Die Abenteuer Sun Kohs und seiner beiden Begleiter, des englischen Bellboys Hal und des Preisboxers Nimba, erwiesen sich, unabhängig davon ob ein Kriminal-, Abenteuer- oder Phantastik-Plot den Leser erwartete, als ebenso faszinierend wie kurzweilig. Dass Müller, zum Teil in vorauseilendem Gehorsam der Reichsschrifttumsstelle gegenüber, immer wieder auch nazional-sozialistisches Gedankengut in seine Texte hat einfließen lassen, sei erwähnt, man kann aber über die entsprechenden Passagen, die oftmals unfreiwillig komisch wirken, hinweglesen oder sie kritisch als Zeitdokument einordnen. Hierbei hatte sich insbesondere die Rolle Nimbas, der kurz vor Auftauchen des neuen verheißenen Erdteils auch noch den Heldentod starb, im Verlauf der Handlung markant gewandelt. Überhaupt kann das Finale den großen Erwartungen, die Müller über die Jahre in denen er die Reihe konzipierte und verfasste, leider nicht ganz entsprechen. Ähnlich wie bei „Jan Mayen“ erweist es sich als recht unspektakulär, ja fast ein wenig enttäuschend.

„Sun Koh“ war von vorneherein auf 150 Hefte ausgelegt, immer wieder gab es, insbesondere in der Anfangszeit der Reihe als es noch keine Einflüsse zu bedenken gab, Hinweise, dass Atlantis nicht nur der arischen Rasse eine neue Heimat bieten sollte, sondern dass südamerikanische Indios wie auch zivilisatorisch hochentwickelte afrikanische Völker dort Aufnahme finden sollten. Auch wurden Machtmittel zusammengetragen um den neuen Erdteil vor der Invasion der bisherigen Großmächte zu schützen. Es blieb allerdings bei den Plänen, die losen Fäden wurden nicht aufgegriffen, so dass sich die letzten Romane der Serie als erstaunlich schwach präsentieren.

Den Auftakt des Bandes bieten drei Romane, in denen die im letzten Sammelband begonnene Handlung um eine unterseeische Nordpol-Expedition zu einem Abschluss geführt wird. Einmal mehr sorgen Schurken dafür, dass Unschuldige inklusive unserer Abenteurer stranden, dass sie sich unzureichend ausgerüstet dem ewigen Polarwinter stellen müssen. Dass die Tochter des Expeditionsführers dazu noch betrogen und in eine unerwünschte Ehe gezwungen werden soll, sorgt für zusätzliche Dramatik.

Danach geht es wieder über drei Romane zum schwarzen Kontinent. Ein Kamerad ist heimtückisch ermordet worden und seiner Geheimdokumente Atlantis betreffend beraubt worden. Sun Koh und seine Getreuen verfolgen den Mörder und geraten dabei zunächst mit einem schwarzafrikanischen Geheimbund der Saki in Konflikt. Die Spur des Mörders führt von der Küste aus ins Landesinnere – in der Heimat Nimbas stellen sie die Diebe. Bei dem Kampf fängt Nimba eine für Sun Koh bestimmte Kugel ein.

Trotz des herben Verlusts des Gefährten müssen Sun Koh und Hal die vervielfältigten Geheimdokumente wieder in ihren Besitz bringen, ansonsten droht dem Unternehmen Atlantis ernste Gefahr. In den nächsten Bänden suchen und finden sie dann den Drahtzieher hinter den Verbrechen-– es wundert kaum, dass sie einmal mehr auf einen alten Bekannten stoßen…

Langsam aber sicher naht der Tag, an dem Atlantis aus den Tiefen auftauchen wird. Ihr Gegner lanciert Pressemeldungen, in denen Sun Kohs Geheimnisse verraten werden, Unfälle und Rettungsmaßnahmen tun ein Übriges, das Interesse der Öffentlichkeit zu wecken. Forscher werden von Geheimagenten wie Verbrechern verfolgt, Nationen versuchen Sun Koh festzusetzen. Als all diese Pläne misslingen, plant Juan García seinen perfidesten Plan, während sich der Seeboden des Atlantischen Ozeans zu heben beginnt…

Man kann den Herausgebern nicht genügen Respekt für ihre Tätigkeit zollen. Mit viel Begeisterung haben sie die Herkules-Aufgabe bewältigt, haben den Lesern unvergessliche Lesestunden bereitet, dabei durchaus auch kritisch Passagen und Entwicklungen hinterfragt und den Interessierten abweichende Texte mit an die Hand gegeben. So ist dies nicht nur eine Ausgabe für die Fans des klassischen phantastischen Abenteuers, sondern dürfte auch für eine wissenschaftliche Aufarbeitung Studenten den ultimativen Text an die Hand geben.

Neben der weiteren Publikation der Einzelromane P. A. Müllers – zum Teil in sehr preisgünstigen Sammelbänden – werden ab 2015 die Romane und Erzählungen von Müller Weggefährten Ive Steens (d.i. Helmut K. Schmidt) publiziert und auch eine vollständige Ausgabe von Robert Krafts „Atalanta“ steht auf dem Programm.