Michael Schmidt (Hrsg.): Zwielicht Classic 5 (Buch)

Michael Schmidt (Hrsg.)
Zwielicht Classic 5
Titelillustration von Björn Ian Craig
2014, Paperback, 180 Seiten, 9,90 EUR, ISBN 978-1-1-499304-82-4 (auch als eBook erhältlich)

Von Carsten Kuhr

In schöner Regelmäßigkeit legt Herausgeber Michael Schmidt nicht nur aktuelle Versionen seines Horror-Magazins „Zwielicht“ auf, sondern gräbt auch im Fundus bisheriger Veröffentlichungen und präsentiert uns die besten Geschichten der letzten Jahre sowohl im eBook-Format als auch als Printausgabe.Mittlerweile liegen sechs gedruckte Ausgaben von „Zwielicht Classic“ vor, eine siebte ist in Vorbereitung, so dass man mit Fug und recht von einer Erfolgsstory sprechen kann.

Das Rezept ist dabei ebenso einfach wie verblüffend: Man suche mit großer Sachkenntnis und Geschmack die besten Geschichten der letzten Jahre, seien sie auch in noch so schwer zugänglichen Publikationen oder bislang nur online erschienen, überrede die Verfasser, einer Neuausgabe zuzustimmen und schon bekommt der Horror-Fan Nachtisch der Extra-Klasse.

Elf Portionen hat der Herausgeber dieses Mal angerichtet, dazu kommen Artikel zu Karl E. Wagners Kane, Flitz Leibers Fafhrd und der Graue Mausling und Hubert Strasßls Magira sowie ein Interview nebst Rezension mit Jakob Schmidt.

Den Auftakt macht die Siegergeschichte des Friedrich Glauser Preises 2013. Regina Schlehecks ergreifende Geschichte „Hackfleisch“ um die seltsamen Mitbringsel eines Jungen vom Spielplatz, auf dem er seine Schwester zurückgelassen hat.

Andreas Fieberg stellt uns in „Papa kommt“ eine junge Familie vor, die gerade Nachwuchs bekommen hat. Als der greise, todkranke Opa zu Besuch kommt, regt sich der Mutterinstinkt – zurecht?

Hubert Katzmarz stellt uns in „Herkules oder Die Stufen des Aufstiegs“ Dr. Bernhard Giessen vor, einen Mann in den besten Jahren, dessen Karriere ein wenig aufs Abstellgleis gekommen ist. Nachdem er sich in einer Stunde der Wahrheit betrunken hat, macht er sich, ganz verantwortungsvoller Beamter, zu Fuß auf den Heimweg – vorbei am Tatort eines Mordes, wie er zu seinem Leidwesen feststellen muss.

Wenn einer eine Autopanne hat, dann ist das mehr als ärgerlich. Wenn man auf der Suche nach Hilfe dann aber gezwungen wird, sich nicht nur taufen zu lassen, sondern gleich alle drei Sakramente – inklusive Hochzeit und letzter Ölung – über sich ergehen zu lassen, wie dies in „In Gottes Namen“ von Christian Weis der Fall ist, dann ist man wirklich zu bemitleiden.

Sven Klöpping entführt uns in „Clone’s Geschichte“ in die ferne Zukunft. Klonen ist an der Tagesordnung, selbst tote Genies wie Albert A. werden ob ihrer Fähigkeiten wiedererweckt. Doch wenn einer der Klone dann eine andere, erfolgreiche Verjüngungsmethode erfindet, sind die Bosse not amused.

Utz Anhalt stellt uns in „Wolfsfreiheit“ einen Müllersjungen vor, der tief im Wald einen entflohenen Leibeigenen findet und Mitleid mit dem Geschundenen hat – was tragisch enden kann.

In Andreas Flögel „Anna“ soll der erste Todestag von Anna begangen werden. Dass diese zu Lebzeiten nicht ganz die treusorgende Ehefrau war, als die sie gilt, sollte eigentlich keiner wissen – doch was macht der Inquisitor im Haus?

Vincent Voss versucht sich überraschend erfolgreich im Spagat zwischen Western- und Horror-Plot. In „Tränensteine oder Die Geschichte von Jack Headshot“ begegnen unserem Helden wandelnde Leichen.

Michael Blasius stellt uns in „Der Geisterfotograph“ zur Jahrhundertwende einen findigen Fotografen vor, der seine Platten doppelt belichtet und seinen Kunden auf diese Weise einen Kontakt zum Jenseits herstellt – bis er selbst Kontakt zum und ins Jenseits erhält.

Friedrich Laun schließt den erzählerischen Teil dann mit zwei Beiträgen, die 1811 erstveröffentlicht wurden ab. Es geht darum, ob es Geister wirklich gibt.

Wie man sieht, erwarten den Leser abwechslungsreiche Beiträge, die verschrecken, unterhalten, amüsieren und gruseln – und dies sprachlich wie inhaltlich auf erfreulich gleichbleibend hohem Niveau.