Jim Butcher: Geistergeschichten – Die dunklen Fälle des Harry Dresden 13(Buch)
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- Kategorie: Rezensionen
- Veröffentlicht: Mittwoch, 06. November 2013 11:06
Jim Butcher
Geistergeschichten
Die dunklen Fälle des Harry Dresden 13
(Ghost Stories)
Aus dem amerikanischen Englisch übersetzt von Dorothee Danzmann
Titelillustration von Chris McGrath
Feder & Schwert, 2013, Taschenbuch, 686 Seiten, 15,99 EUR, ISBN 978-3-86762-186-1 (auch als eBook erhältlich)
Von Carsten Kuhr
Harry Dresden ist tot. Da hat er, um seine Tochter zu retten, alle Vampire des Roten Hofes umgebracht, hat Feen und Attentätern, Göttern und Engeln widerstanden, nur um dann von einer Kugel in den eiskalten Michigan-See geworfen zu werden. Doch noch kann, nein darf er nicht durch die helle Röhre in das Danach weiterreisen. Um drei ihm nahestehende Menschen zu schützen gilt es vorher, seinen Mörder ausfindig zu machen und zur Strecke zu bringen.
So kehrt er zurück in sein geliebtes Chicago, das er Zeit seines Lebens geschützt hat. Er muss feststellen, dass sich Vieles in dem halben Jahr, in dem er nun bereits tot ist, zum Schlechteren gewandelt hat. Übernatürliche aller Couleur suchen das Machtvakuum, das durch die Vernichtung des Roten Hofes entstanden, ist zu füllen, Leichen pflastern die Gehwege Chicagos.
Seine alte Freundin, die Ex-Polizistin Murphy, hat es sich zur Aufgabe gemacht, die Bösen zur Rechenschaft zu ziehen, auch Harrys früherer Lehrling Molly versucht als Lumpenfrau für ein wenig Gerechtigkeit zu sorgen und die Stadt ganz im Sinne Harrys zu schützen. Dass sie alle dabei auf verlorenem Posten stehen, kann ihnen nicht einmal der Zyniker Harry vorwerfen. Zu dominant sind ihre Gegner: Der Geist einer Dunkelmagierin, der für sich einen neuen Körper sucht, hat nicht nur die Gespenster aller Serienkiller und Verrückten auf die Stadt losgelassen, sondern sich auch den einzigen Mann geschnappt, der sich den Schutz der Geister Chicagos auf seine Fahnen geschrieben hat – einen Freund des jüngst verblichenen Harry Dresden.
Für Harry wird die Sache damit endgültig zu einer persönlichen Angelegenheit. Und wir kennen unseren Filou ja, das bedeutet nur, dass er umso verbissener um Gerechtigkeit kämpft – bis hin zur Selbstaufgabe…
Seitdem Feder & Schwert die Reihe um Harry Dresden von Knaur übernommen und zu einem wirtschaftlichen Erfolg geführt hat, kamen die Romane in schöner Regelmäßigkeit auf den Büchertisch. Mittlerweile haben wir gegenüber den Originalausgaben aufgeholt, Ende November wird der aktuellste 14. Band bei F&S erscheinen, im Dezember dann in den USA der 15. der gefeierten Urban-Fantasy-Serie.
Das letzte Abenteuer Dresdens endete erstmals mit einem Cliffhanger – war, nein zutreffender, ist Harry Dresden wirklich tot?
Als Geist im Wartestand macht Harry sich also auf, seine Heimatstadt einmal mehr aus dem Gröbsten herauszuhauen. Allerdings mangelt es unserem vorlauten Protagonisten an fast Allem, was ihm bislang in seinen Auseinandersetzungen zur Seite stand. Als körperloser Geist kann er keine Magie wirken, ist seiner üblichen und vertrauten Hilfsmittel beraubt. Sein Heim wurde zerstört, selbst Bob der Schädel hat einen neuen Meister gefunden. So müssen sich sowohl Autor wie Leser an eine andere, neue Herangehensweise gewöhnen. Statt direkt eingreifen zu können, und wie sonst üblich den Bösen kräftig ins Hinterteil zu treten, muss unser Magier nach anderen Wegen suchen, sich einzumischen. Das beraubt ihn eines Großteils seiner bisherigen Möglichkeiten und gewohnter Verhaltensmuster, und führt dazu, dass über weite Teile des Romans die actionreiche Handlung lange nicht so im Vordergrund steht, wie gewohnt. Das „mit fliegenden Fahnen drauf auf die Bösen“ fehlt, unser Held wird gezwungen, sich zurückzunehmen und neu zu orientieren. Das zeigt sich dann auch in der Erzählung, die weit mehr als üblich das Geschehen reflektiert, in der Harry sich über sein Leben, die Art und Weise, wie er gehandelt hat, nachdenkt.
So wichtig diese Überlegungen sind, nehmen sie doch Tempo und damit Spannung aus dem Plot, die durch die Suche nach seinem Mörder und nach der Rettung seiner Freunde nicht ausgeglichen wird. Dabei rächt sich, dass Butcher sich immer zu sehr auf Harry als Handlungsträger konzentriert hat, so dass Molly und Murphy, die nun seine aktive Rolle übernehmen sollen, doch ein wenig in der Luft hängen.
Zwar gibt es einen actionreichen Showdown doch die Chance, sich wirklich mit dem Übergang nach dem Ableben auseinanderzusetzen, über die Rolle der Engel und Gottes zu philosophieren, hat Butcher – ob bewusst oder unbewusst – ausgeklammert. So bleibt „Die dunklen Fälle des Harry Dresden“ weiterhin eine der besten Urban-Fantasy-Serien, voller Kraft und Tempo, skurrilen Figuren und Einfällen und einem Protagonisten, der einen gefangen nimmt – aber noch zumindest nicht mehr.