Die besten Geschichten von Floyd Gottfredson (Comic)
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- Kategorie: Rezensionen
- Veröffentlicht: Sonntag, 22. September 2013 16:20
Die besten Geschichten von Floyd Gottfredson
Aus dem Amerikanischen von Jano, Rohleder, Gudrun Smed-Puknatis, Silvio Peter, Gerd Syllwasschy
Mit Vorworten/Interview von Jim Korkis und Gers Syllwasschy
Ehapa, 2012, Hardcover, 176 Seiten, 22,00 EUR, ISBN 978-3-7704-3560-9
Von Frank Drehmel
Nachdem Ehapa 2011 Disneys „Hall of Fame“-Reihe mit Band 20 eingestellt hatte, wurde 2012 mit „Die besten Geschichten von ...“ eine neue Autorenreihe aus der Taufe gehoben, die sich im Format und drucktechnisch nur in wenigen Details von der Vorgängerreihe unterscheidet, die jedoch eine deutlich frischere Cover-Gestaltung aufweist und die auf eine durchgehende Nummerierung auf dem Buchrücken verzichtet – etwas, das zwanghafte Leser zweifellos goutieren werden.
Der dritte Band dieser neuen Hardcover-Serie widmet sich mit Arthur Floyd Gottfredson (05.05.1905-22.07.1986) dem Disney-Künstler, der ab 1930 die Figur der Micky Maus so entscheidend prägte, wie etwa Carl Barks die Ducks, und der bis 1975 – also rund 45 Jahre – an den Micky-Maus-Comic-Strips als Zeichner arbeiten sollte. Dementsprechend enthält der vorliegende Sammelband mit „Micky als Boxer“, „Harry, der Hundefänger“, „Micky Maus bei der Fremdenlegion“, „Micky Maus und das Nazi-U-Boot“ sowie „Micky Maus und der dichtende Spion“ fünf Geschichten, die ursprünglich in den Jahren 1931 bis 1948 als Tageszeitungs-Strips erschienen sind.
Zu Gottfredsons Verdiensten gehört es in diesem Zusammenhang, dass er den ursprünglich als kurze Gags konzipierten Strips eine Kontinuität verlieh und sie in einen größeren Plot einbettete. Dennoch merkt man den fünf Storys sofort ihre Strip-Herkunft an, denn selbst innerhalb eines größeren abenteuerlichen Plots bleibt erstens der Erzählrhythmus stakkatoartig, mit vielen kleinen „Cliffhangern“, und zweitens wirken die Geschichte dramaturgisch deutlich zu breit getreten. Gerade die erste Story – Micky als Boxer – wird mit ihren über 30 Seiten gerade auch deshalb regelrecht anstrengend, weil das Ganze für heutiges Empfinden nicht nur zu lang, sondern deutlich zu albern und klamaukig erscheint. Die übrigen Geschichten sind zwar spürbar erwachsener inszeniert, könnten aber auch mehr Stringenz vertragen. Zugute halten kann man Gottfredson, dass er bemüht war, aktuelle Themen in seinen Storys aufzugreifen beziehungsweise damalige Trends in Film und Funk zu reflektieren.
Künstlerisch liegen zwischen den Geschichten von Anfang der 30er Jahre und denen der 40er Welten: war der Micky der 30er noch ein knopfäugiges, schlaksiges Etwas, das aufgrund seiner Physiognomie und der spärlichen Kleidung deutlich näher an einer Maus als an einem Menschen lag, so ist der Micky der 40er deutlich antropomorpher; nicht nur die Augen, die nicht länger auf Pupillen verzichten müssen, auch die legere Kleidung mit nun langer Hose, Hemd und Hut machen den Helden dieser Zeit zu einer echten Person, der es aber keineswegs an der anarchischen Frische der Gründerzeit mangelt.
In redaktioneller Hinsicht runden eine kurze Biografie, das essayistisch aufbereitete Protokoll eines Besuchs Jim Korkis’ bei Floyd Gottfredson, ein Interview sowie eine obligatorische Bibliografie diesen Sammelband mit dem Nötigsten ab.
Fazit: Ein nostalgisch verklärter Blick in eine Zeit, als Micky Maus gleichsam laufen lernte. Trotz einiger Schwächen in Dramaturgie und Erzählrhythmus ein Sammelband, der in keiner Sammlung fehlen sollte.