Brom: Krampus (Buch)

Brom
Krampus
(Krampus – The Yule Lord)
Aus dem amerikanischen Englisch übersetzt von Jakob Schmidt
Knaur, 2013, Hardcover, 496 Seiten, 19,99 EUR, ISBN 978-3-426-65334-0 (auch als eBook erhältlich)

Von Carsten Kuhr

Jeff ist ein Loser. Knapp über 20 Jahre alt hat er seine Beziehung in den Sand gesetzt und keinen festen Job, außer dass er für den örtlichen Drogenboss Kurierfahrten unternimmt. Nicht einmal Geld für ein Weihnachtsgeschenk für seine Tochter hat er mehr. Dabei hätte er eine glänzende Karriere als Musiker vor sich, wenn, ja wenn er nur an sich selbst glauben würde.

Am Weihnachtsabend ist er soweit, sich den Lauf der 38er in den Mund zu stecken – doch dann fällt buchstäblich der Sack von Sankt Nikolaus vom Himmel, ein Teufel und seine unsterblichen Unterteufel jagen den Weihnachtsmann und schon –, nein sein Leben kommt weder in Ordnung, noch hat er, wie man unterstellen könnte Crack genommen. Dafür wird er in einen Kampf verwickelt, der, seitdem Walhalla und die Asen ihr Ragnaröck erlebt haben, zwischen zwei Kindern der Asen tobt.

Der eine, Odins Sohn Baldr, den keine Waffe verletzen kann, ist vor langer Zeit in die Haut des Nikolaus geschlüpft und hat den Jul-Kult Krampus' in einen christlichen Mythos umgewandelt. Krampus selbst vegetiert seit Jahrhunderten eingekerkert vor sich hin – bis er frei kommt und den Kampf gegen seinen Peiniger aufnimmt. Zusammen mit seinen Helfern, den Belznickel, zu denen sich auch Jeff gesellt, will er den Jul-Kult wieder aufleben lassen und Mutter Erde heilen. Dass sich ihm und Jeff dabei Verbrecher und Mörder entgegenstellen, kann ihn nicht wirklich aufhalten, doch dann …

Was ist das für ein Roman, den Bestsellerautor Brom da nach „Der Kinderdieb“ als seine zweite Veröffentlichung bei Knaur vorlegt? Es beginnt als Thriller in den tiefen Tälern West-Virginias, in denen die Arbeitslosigkeit hoch ist, die Menschen dort in Armut und Perspektivlosigkeit versinken. Es geht um einen jungen Mann, der sein Leben an die Wand gefahren hat, der am Ende ist. Jeff hat den Glauben an sich selbst verloren, und das ist es auch, was ihn das Wichtigste in seinem Leben gekostet hat – seine Tochter und seine Frau. Ein korrupter Sheriff hat ihm seine Frau ausgespannt, der örtliche Drogenbaron und dessen Helfer machen sich über ihn lustig, der Verlierer schlechthin präsentiert sich nicht eben als sympathischer Protagonist.

Erst durch den Auftritt Krampus', des vorchristlichen Boten des Frühlings, ändert sich das Bild. Nach wie vor nutzt Jeff jedes Fettnäpfchen, um sich in Schwierigkeiten zu bringen, hat aber nun einen Verbündeten neben sich, der ihm die Möglichkeit gibt, sich zu bewähren. Erstaunlich dabei zunächst, dass nicht etwa die leidlich bekannte Gestalt des Losers wirklich fasziniert, sondern der Jahrhundert gefangen gehaltene Gott Krampus im Zentrum der Aufmerksamkeit steht. Der Gott der Jul-Nacht – Vorbild für Knecht Ruprecht – ist eine faszinierende Gestalt. Ambivalent gezeichnet ist er ein Wesen, das bestraft und belohnt, der als Gewissen ebenso dient wie als Hüter der Mutter Erde. Als heidnischer Gott steht er für all das, was die Diener der christlichen Kirche auszumerzen versuchten. Lebensfreude, Herrschsucht, ist Rächer und Richter, eine Kraft, die sich selbst keine Grenzen auferlegt und vorliegend gegen den Weihnachtsmann, der unter christlichem Schutz steht, aufbegehrt.

Verborgen hat Brom in dieser packend aufgezogenen Geschichte einmal mehr eine wichtige Message: Man muss sich Ziele setzen im Leben, an sich glauben und es immer wieder versuchen, ansonsten wird man langsam aber sicher im Sumpf der eigenen Trostlosigkeit versinken. So ist dies auch ein Buch über die Selbsterkenntnis, sich über die Verantwortung für und die Ziele in seinem Leben klar zu werden.

Wie bereits im ersten Roman des Autors hat der Verlag dem Band die farbigen Zeichnungen des Autors zum Inhalt beigegeben und so ein Buch vorgelegt, das den üblichen Rahmen sprengt, das sich an Leser aller Altersschichten wendet, das Gewalt darstellt, aber nie in den Mittelpunkt rückt.