Ruggero Leò (Hrsg.): Große Geschichten vom kleinen Volk (Buch)

Ruggero Leò (Hrsg.)
Große Geschichten vom kleinen Volk
Titelillustration von Jorge Jacinto
Innenillustrationen von Jürgen Speh
Bastei Lübbe, 2012, Paperback mit Klappenbroschur, 510 Seiten, 15,00 EUR, ISBN 978-3-404-20705-3 (auch als eBook erhältlich)

Von Carsten Kuhr

Was war das nicht für ein Hype im Buchherbst 2012. Anlässlich der Verfilmung von Tolkiens Hobbit wollte gar jeder Verlag dabei sein, sein Stück vom vermeintlich großen Kuchen um die Vermarktung des Kino-Blockbusters abhaben. Nachdem der Roman selbst bei Tolkiens deutschem Verleger, dem in Stuttgart ansässigen Klett-Cotta Verlag, in festen Händen war und ist, blieb den Konkurrenten nur die Vermarktung von Spin Offs, Büchern zum und über den Film und – besonders beliebt – von Anthologien, deren Geschichten sich im weitesten Sinne um die Hobbits rankten.

Auch Lübbe hat in Form seines Herausgebers Ruggero Leò gerufen und die Crème de la Crème der deutschen Fantasy-Autoren hat den Ruf aufgenommen und Geschichten zum kleinen Volk – Hobbit darf man aus markenrechtlichen Gründen wohl nicht sagen – beigesteuert.

Schaut man sich das Buch im Ziegelsteinformat einmal an, so findet man schnell und mühelos Unterschiede zu den Angeboten der Konkurrenten. Neben den Beiträgen von Thomas Finn, Bernd Frenz, Christoph Hardebusch, Claudia Kern, Michael Peinkofer, Bernd Perplies, Gesa Schwartz oder Wolfgang Hohlbein – um nur ein paar zu nennen – hat Jürgen Speh zehn Originalillustrationen zu den Geschichten beigesteuert, die diese inhaltlich sehr stimmungsvoll ins Licht setzen. Liebevoll, so könnte man die Aufmachung des Buches umschreiben, mit Herz für Leser gemacht, die Bücher schätzen. Und das merkt man auch dem Inhalt an: abwechslungsreich kommen sie daher, die Geschichten um die kleinen Leute. Wir kennen sie ja, sie essen gerne, wissen ein Pfeifchen zu schätzen und sind auch dem Gerstentrunk nicht abgeneigt. Dass sie am liebsten zu Hause in ihrer Höhle leben, allenfalls noch die örtliche Schenke als Aufenthaltsort akzeptieren, ist bekannt. Wenn dann einer von den Großen, der aufdringlichen Menschen, den arroganten Elfen, den goldversessenen, breiten und lauten Zwergen oder gar ein Spitzhut oder ein Drache – merke, die Luft ist nicht zum Fliegen da, sondern um Rauchkringel aufsteigen zu lassen – des Weges kommt, dann verzieht sich der typische Vertreter des kleinen Volks schleunigst in seine anheimelnde Höhle. Dies aber sind Geschichten von untypischen Vertretern ihrer Art – und so manches Mal unfreiwilligen Abenteurern, von Vertretern des kleinen Volkes, die absonderliche Besuche empfangen, die gar mit seltsamen Wesen bekannt, ja befreundet sind und sich nicht scheuen, über das heimische Tal hinauszuschauen.

Nicht jeder der Beiträge konnte mich auf dieselbe Art und Weise fesseln, doch für Abwechslung, Spannung und Faszination ist gesorgt. Bernd Perplies gelingt es gar den Mythenkreis um das kleine Volk mit einer anderen literarischen Figur zu verknüpfen – Vorhang auf für Shloko Holmser und seinen Kompagnon Wasndas und das Rätsel um den Mord an einem Gutsherren.

Wer also mehr vom kleinen Volk lesen will, der kann sicherlich Schlechteres tun, als sich mit seiner Pfeife gemütlich in der heimischen Höhle zurückzulehnen und die großen Geschichten vom kleinen Volk zur Hand zu nehmen.