Dirk van den Boom: Tentakelwacht (Buch)

Dirk van den Boom
Tentakelwacht
Titelbild: Allan J. Stark
Atlantis, 2012, Paperback mit Klappenbroschur, 240 Seiten, 12,90 EUR, ISBN 978-3-86402-037-7 (auch als Hardcover (direkt beim Verlag) und als eBook erhältlich)

Von Carsten Kuhr

Lange ist es her, dass die Menschheit ihre Expansion ins Weltall abrupt einstellen musste. Eine Zeit, die nach dem ersten Aufeinandertreffen mit den Tentakeln dazu geführt hat, dass sich die Menschen in einem gnadenlosen Rückzugskrieg in ihrem heimatliches Sonnensystem förmlich verbarrikadiert haben. Die Kolonien wurden aufgegeben, das Militär übernahm die Macht auf der Erde, dem Mars und den Jupitermonden. Man bereitet sich auf ein zweites Aufeinandertreffen mit den Sporenschleuderern vor, auf einen Krieg, der, das wissen alle, nicht gewonnen werden kann.

Bevor sich die Menschheit aber einfach in ihr Los ergibt, ihre geöffneten Gehirne als Brutstätte der Aliensporen anbietet, so die übereinstimmende Doktrin, wird man das Leben so teuer wie möglich verkaufen. Um die Reihen zu schließen verfolgt das Militär zwei Pläne. Zum einen werden findige Menschen, manch einer würde sie als Verbrecher bezeichnen, in den Dienst gepresst, zum anderen reift in riesigen Klonlabors gezüchtetes Kanonenfutter heran. Wir verfolgend das Schicksal zweier junger Gauner, die einmal zu oft auf frischer Tat erwischt wurden. Der eine, ein genialer Hacker wird für eine Never Come Back Mission ausgewählt und soll im Roten Auge des Jupiters eine offensichtlich künstliche Anomalie erkunden. Der Andere macht als braver Soldat Karriere, bis er mit Aufständigen in Verbindung kommt.

Über die alternierend als Erzähler agierenden Protagonisten schildert uns van den Boom die letzten Wochen vor der zweiten Invasion der Tentakel. Wochen, die geprägt sind von Vorbereitungen, Training und Kampf – aber auch von Hoffnung. Hoffnung darauf, dass man den Tentakeln vielleicht entfliehen kann, aber auch von Hoffnung auf Hilfe von außen…

Nach einer Zäsur von knapp einem Jahrhundert führt der Military-SF-Autor van den Boom seine Erfolgstrilogie weiter. Neue Protagonisten werden eingeführt, neue Völker mischen sich in die Auseinandersetzung ein. Gleich geblieben sind die Elemente des bewaffneten Kampfes gegen die Invasoren, die Kommandounternehmen und die Raumschlachten. Und, seien wir doch einmal ehrlich, ist es nicht genau das, was wir von einem van-den-Boom-Buch erwarten?

Durch die zeitliche wie personelle Zäsur gelingt es dem Autor bildlich gesprochen nicht nur, seine Handlung auf neue Beine zu stellen, sondern auch die alten Leser mitzuziehen und gleichzeitig Neulesern den Zugang zur Handlung zu ermöglichen. Inhaltlich baut er naturgemäß auf bekannte Vorgaben. Es gibt die Kommiss-Köpfe, die findigen Besorger all dessen, was das Soldatenherz begehrt, die Schleifer und kompetenten Vorgesetzten. Überrascht hat Dirk van den Boom mich dann damit, dass er eine Vorgesetzte ihre Untergebenen sexuell vergewaltigen lässt. Das Spiel mit dem hilflosen Mann und der sich aufdrängenden Dame wirkte nicht nur überzeugend sondern beunruhigend. Ansonsten bleibt er weitgehend auf erprobtem Gebiet. Junge, fähige aber letztlich edle Diebe als Erzähler führen durch eine spannend aufgebaute, temporeiche Handlung. Das ist nicht unbedingt neu, liest sich aber sehr angenehm auf einen Rutsch weg.