Turf (Comic)

Jonathan Ross
Turf
(Turf 1-5, 2011)
Aus dem Amerikanischen von Gerlinde Althoff
Titelillustration und Zeichnungen von Tommy Lee Edwards
Panini, 2012, Paperback mit Klappenbroschur, 132 Seiten, 16,95 EUR, ISBN 978-3-86201-406-1

Von Christel Scheja

Image Comics hat schon immer Veröffentlichungen gewagt, an die sich keiner der großen Verlage getraut hätte. Als Autorenverlag gab und gibt er auch Ideen eine Chance, die sich nicht in eine Kategorie schieben lassen. Auch bei „Turf“ ist das der Fall. Die fünfbändige Heftreihe, die in Deutschland als Graphic Novel erscheint, will eines ganz und gar nicht sein – eindimensional.

New York im Jahr 1929. Die Prohibition hält die amerikanische Gesellschaft fest im Griff, fördert aber auch die zwielichtigen Geschäfte. Nachtclubs und Bars scheuen sich nicht, das Gesetz zu übertreten und den Alkoholsüchtigen Zugang zu ihrer Droge zu verschaffen. Das organisierte Verbrechen verdient dabei gut mit. Auch Eddie Falco ist einer der Männer, die sich ihr Stück aus dem profitablen Kuchen sichern wollen, aber er bewegt sich wie alle anderen auf dünnem Eis, hat immer wieder die Polizei und andere dunkle Gestalten am Hals. Da holt ihn eines Tages das Schicksal ein, als er schon ganz am Boden liegt; in Gestalt eines Schiffes aus dem All.

Derweil versammelt sich in einer Villa, die in den alten Stadtteilen liegt, der Clan der Dragonmirs. Sie haben den Plan mit einem noch nicht da gewesenen Blutopfer den „Alten“ zu wecken, den Begründer ihrer Art. Die Brüder Stefan und Gregori sind die federführenden Vampire, doch schon bald kommen dem letzteren bittere Zweifel. Ehe er sich versieht, wird Gregori durch seinen Bruder ersetzt und aus der Gemeinschaft verbannt. Als Ausgestoßener muss er miterleben wie sein Volk alle Regeln mit Füßen tritt, die er aufgestellt hat, um sie vor einer Entdeckung vor den Menschen zu schützen. Doch eine junge und eigenwillige Journalistin wird zu einer ungewöhnlichen Verbündeten, die ihn eines nicht vergessen lässt: dass auch er zur Hälfte ein Mensch ist. Derweil ahnen die Menschen noch nicht, dass schon bald das Grauen über sie hereinbrechen könnte, denn der Plan der Dragonmirs nimmt immer konkretere Formen an.

„Turf“ greift auf gleich mehrere Traditionen zurück und präsentiert einen wilden Genre-Mix. Da ist zum einen die Science Fiction in Gestalt eines Außerirdischen, der auf der Erde strandet und ausgerechnet durch Eddie Falco die Freundschaft kennenlernt. Er wird später zum Zünglein an der Waage. Den Bereich der Mystery betritt die Geschichte durch die Blutsauger-Sippe, die ihre dunklen Ränke zur Vollendung bringen will und die Brüder, die ein ganz besonderes Erbe in sich tragen. Und schließlich versetzt das Setting den Leser in die Zeit der Gangsterfilme und des Crime Noir zurück, Garniert das ganze auch noch mit einer Schlacht, wie man sie sonst nur aus Superhelden-Geschichten kennt. Zudem setzten Autor und Zeichner auf ein ausgewogenes Verhältnis zwischen Text und Bild. Turf ist kein rasantes Action-Spektakel, in dem es nur um den Spaß geht. Die Figuren erwachen durch ihre Gedanken und ihre Erinnerungen zum Leben und werden zu vielschichtigen Gestalten, mit denen man leidet.

Die Künstler verbeugen sich zudem vor dem Gefühl der Zeit und der damals populären Kultur. Nicht umsonst gibt es Panels, die an die Comic-Strips der 20er erinnern und eine Erzählweise, die das Kopfkino auf die Serials des frühen Tonfilmkinos einstimmt.

„Turf“ ist damit eigentlich gar nicht so neu, wie viele vermuten – die Graphic Novel lebt und atmet vielmehr die Atmosphäre und den naiven Charme, den die Pulp-Literatur, Hörspiele und Filmserien der 20er und 30er noch heute ausstrahlen, und das macht die Geschichte zu einem Erlebnis, das man sich ruhig gönnen sollte, denn die Symbiose der Genres ist wie damals einmalig gelungen.