Star Trek: McCoy (Comic)

John Byrne
Star Trek: McCoy
(Star Trek: Leonard McCoy – Frontier Doctor, 2011)
Aus dem Amerikanischen von Christian Langenhagen
Titelillustration und Zeichnungen von John Byrne
Cross Cult, 2011, Album, 112 Seiten, 14,80 EUR, ISBN 978-3-942649-33-9

Von Christel Scheja

John Byrne gehört zu den großen Künstlern, die es mit ihren Zeichnungen sogar auf das Cover des renommierten „Time-Magazine“ schafften. Er setzte Maßstäbe im Bereich der Superhelden-Comics und schuf Trends, auch wenn er nicht immer bequem war. So ist es mehr als erstaunlich, dass er sich in einem seiner neuesten Werke von den Superhelden ab- und anderen Ikonen der populären Kultur zuwendet. Aus seiner Feder stammt in Wort und Bild der neue Comic-Band zu „Star Trek“, der auf einen der ganz alten Helden zurückgreift: Dr. Leonard McCoy, bei uns auch gerne „Pille“ genannt.

Zwar sind die Missionen der „Enterprise“ schon lange vorüber, aber Admiral James T. Kirk denkt gerne an die Zeit an Bord des Raumschiffes zurück, das nun in einem Dock überholt und neu ausgerüstet wird. So freut er sich umso mehr, Post von einem alten Weggefährten zu erhalten, der seinem Rat gefolgt und wieder zu den Sternen zurückgekehrt ist. Es wäre einfach zu schade gewesen, wenn McCoy seine Talente nur als einfacher Landarzt auf der Erde vergeudet.

Der ehemalige Arzt der „Enterprise“ hat viel zu erzählen, wie es scheint, und erlebt dabei immer wieder Begegnungen und Déjà-vus, die ihn an seinen Dienst erinnern. Doch zunächst muss er sich an seinen neuen Kollegen gewöhnen und sich dann auch noch mit einem sehr eigenwilligen Passagier auf seinem Schiff herumschlagen. Doch die junge Andorianierin, die sich in ihrem Leben bisher nur gelangweilt hat, bewährt sich erstaunlich gut, als die Bewohner einer Kolonie von einem geheimnisvollen Virus niedergestreckt werden und auch McCoy schwer an der unbekannten Seuche erkrankt.

Das ist nur eines der Abenteuer und Probleme, die immer wieder auf unkonventionelle Art gelöst werden müssen. Letztendlich steht er sogar der „U.S.S. Yorktown“ bei, deren Captain und Chefarzt ebenfalls eng mit der Geschichte der „Enterprise“ verknüpft sind. Und nicht zuletzt kommt ihm auch Mr. Seven in die Quere, der eigentlich aus einer ganz anderen Zeit stammt...

Ergänzt wird der Comic durch ein ausführliches Essay über John Byrnes Leben und Wirken, sowie einen Überblick über die Anspielungen des Comics auf die Fernsehserie.

Letztendlich erzählt McCoy in kleinen Episoden, was der Chefarzt der „Enterprise“ in der Zeit nach dem Ende der Mission des Schiffes bis hin zur Reaktivierung der Crew im ersten Kinofilm getrieben hat. Man merkt, dass John Byrne Spaß daran hat, den kauzigen Mediziner in Szene zu setzen, der so grantig und unhöflich wie Dr. House sein kann, aber das Herz auf dem rechten Fleck hat.

Nicht nur inhaltlich spielt der Künstler auf die Vergangenheit an, auch zeichnerisch fühlt man sich in die 1970er Jahre zurückversetzt. Das Retro-Feeling wird durch die Anspielungen noch stärker, auch wenn „Star Trek“-Puristen nicht allzu fröhlich über die Freiheiten sein dürften, die sich Byrne erlaubt. Denn auch wenn Vieles stimmen mag, einige Dinge legt er etwas anders aus als man es in den entsprechenden Folgen gesehen hat.

Abgesehen davon schlägt der Comic eine Brücke zwischen den alten und neuen Abenteuern der „Enterprise“. Die Geschichten sind eigenwillig und atmen den humanitären Geist und friedlichen Gedanken, der Classic-Serie, andererseits wirken manche Lösungen wesentlich moderner und dadurch auch weniger naiv. McCoy wirkt zudem nicht mehr ganz so locker wie im Fernsehen, sondern hat schon viel von dem zynischen und verbitterten Mann, der im ersten Kinofilm zurück auf das Schiff geholt wird und erst einmal wieder auftauen muss. Besonders bewegend ist schließlich die letzte Geschichte, die ihn an die traurigsten Momente und den fatalsten Fehler seines Lebens erinnern. Gerade diese Szenen werden sehr feinfühlig und zurückhaltend erzählt.

John Byrne klärt auch nicht immer alles auf, er überlässt es in einigen Episoden sogar der Phantasie des Lesers, was passieren wird. So zum Beispiel, wie McCoy mit dem Vermächtnis eines Freundes umgehen wird. Und genau dieses Verhalten gibt einigen der Geschichten erstaunlich viel Tiefe – nach der Lektüre der Graphic Novel bleibt man doch einen Moment nachdenklich und bewegt zurück.

„Star Trek: McCoy“ fängt gelungen die Atmosphäre der Classic-Serie ein und portraitiert einen Mann, der eigentlich immer im Schatten von Kirk und Spock gestanden hat. John Byrne gelingt es ausgezeichnet, eine Brücke zur Moderne zu schlagen, ohne dabei den Charakter der zentralen Figur und die Aussagen der ersten „Star Trek“-Serie zu verändern. Dennoch bleiben die Geschichten auch für jüngere Leser verständlich und erzählen spannend von ganz besonderen Abenteuern im 23. Jahrhundert.