Gesa Schwartz: Grim – Die Siegel des Feuers (Buch)

Gesa Schwartz
Grim – Die Siegel des Feuers
Titelillustration von Max Meinzold
Lyx, 2010, Hardcover, 678 Seiten, 19,95 EUR, ISBN 978-3-8025-8303-2 (auch als eBook erhältlich)

Von Irene Salzmann

Der Gargoyle Grim wacht in den Nächten über die Stadt Paris. Zu seiner Aufgabe gehört es zu verhindern, dass die Menschen von der Existenz jener erfahren, die sie nur als Fabelwesen kennen – eine Notwendigkeit, nachdem vor vielen Generationen ein furchtbarer Krieg auf beiden Seiten viele Opfer gefordert hatte, den die Menschen längst vergessen haben.

Doch dann muss er ausgerechnet seine alte Freundin Moira dabei beobachten, wie sie sich einem jungen Mann offenbart, ihm ein Pergament übergibt und anschließend den Freitod wählt. Grim nimmt die Spur des Unbekannten auf und stellt bald fest, dass es noch andere Verfolger gibt, die das mysteriöse Schriftstück in ihren Besitz bringen wollen. Er kann den Tod Jakobs nicht verhindern, rauft sich jedoch mit dessen Schwester Mia, einer Hartide (d. h., sie sieht Dinge, die normalen Menschen verborgen bleiben, muss aber erst erweckt werden, bevor sie das Dokument entziffern kann) zusammen, da beide herausfinden wollen, wer oder was hinter all den tragischen und bedrohlich anmutenden Vorkommnissen der jüngsten Zeit steckt. Und es kommt noch schlimmer: Die Hybriden erheben sich, und ein blutiger Umsturz bringt das Gleichgewicht der Kräfte in Gefahr…

Die Inhaltsangabe wird dem Roman in keiner Weise gerecht, denn auf rund 700 Seiten passiert sehr viel mehr, doch würden weitere Details das Lesevergnügen nur schmälern. Gesa Schwartz entführt ihr Publikum im ersten Band der „Grim“-Trilogie in eine farbenprächtige Fantasy-Welt, in der es nur so vor bekannten und weniger bekannten Märchenwesen, bizarren, guten und bösen Figuren nur so wimmelt. Zwischen ihnen schwelen Konflikte, die zur Triebfeder des Handelns der einzelnen Gruppen und Protagonisten werden: Rassismus, Dünkel, Machthunger.

Titelheld Grim ist ein Gargoyle und damit nicht unbedingt der Traumtyp, den man aus den meisten anderen Romanen, die Lyx anbietet, kennt, doch kann er den Leser schnell für sich einnehmen durch sein aufrichtiges, sympathisch-knurriges Wesen und seinen sarkastischen Humor. Kein Wunder, dass schließlich auch Mia mehr als nur einen monströsen, aufgezwungenen Begleiter in ihm sieht. Für eine Romanze reicht es jedoch noch nicht, aber die Geschichte geht, obgleich der Roman in sich abgeschlossen ist, weiter.

Mia bietet sich vor allem Leserinnen als Identifikationsfigur an. Sie verfügt über eine Gabe, dank derer sie schnell akzeptiert, dass es noch eine andere Welt gibt als jene, die ihr vertraut ist. Erstaunlich schnell passt sie sich allen Veränderungen an, eigentlich zu schnell, aber das ist unerlässlich für den steten Handlungsfluss, der ganz ohne Längen auskommt. Genau wie Mia lernen auch Grim und die Kameraden beider hinzu, beginnen, vieles mit anderen Augen zu sehen und entwickeln sich weiter.

Besonders gefallen die vielen kleinen Details, mit denen die Autorin ihre phantastische Welt und die Charaktere, selbst Nebenfiguren, ausschmückt, wodurch sie an Lebendigkeit und Individualität gewinnen. Dadurch und auch wegen des relativ unverbrauchten Gargoyle-Motivs (manche mögen sich ein wenig an die Trickserie „Gargoyles“ erinnert fühlen, doch geht Gesa Schwartz eigene Wege) hat man viel Spaß an dieser Lektüre, die frischen Wind in das Fantasy-Genre bringt, und wartet gespannt auf die Fortsetzung.