Jim C. Hines: Rotckäppchens Rache – Die Todesengel 3 (Buch)

Jim C. Hines
Rotkäppchens Rache
Die Todesengel 3
(Red Hood’s Revenge, 2010)
Übersetzung aus dem amerikanischen Englisch von Axel Franken
Titelbild von Paolo Toledo
Bastei-Lübbe, 2011, Taschenbuch, 432 Seiten, 8,99 EUR, ISBN 978-3-404-20005-4 (auch als eBook erhältlich)

Von Christel Scheja

Märchen sind wieder im Trend, wenn auch nicht so, wie wir sie als Kinder kennengelernt haben, sondern ganz anders. Jim C. Hines ist einer der Vorreiter der neuen Welle und zeigt Schneewittchen, Dornröschen und Aschenputtel von einer ganz anderen Seite. Gemeinsam sind sie „Die Todesengel“ und stellen sich so manch einer Gefahr, die sie und ihre Liebsten bedrohen. Stand in den ersten beiden Bänden noch mehr Darnelle alias Aschenputtel im Mittelpunkt der Ereignisse ist das in „Rotkäppchens Rache“ anders. Diesmal richtet sich der Fokus auf Dornröschen, die noch immer einen tiefen Groll in sich trägt.

Doch zunächst gilt es, Rumpelstilzchen das Handwerk zu legen. Zu lange hat er verzweifelte Frauen betrogen und ihnen ihre Kinder für die Gabe genommen, Gold aus Stroh spinnen zu können. Die drei jungen Frauen erledigen den Auftrag mit Bravour – allerdings können sie sich nicht lange daran erfreuen, dass sie den Schurken der Gerechtigkeit übergeben konnten. Denn schon bald wird er tot aufgefunden. Das Ganze ist eine Kampfansage von Rotkäppchen alias Roudette an die drei Frauen. Um ihrer Forderung Nachdruck zu verleihen, befreit sie auch noch Darnelles Nemesis Charlotte aus Elfenhand und schickt sie als Botin an den Hof zurück und lässt sich später sogar selbst gefangennehmen.

Talia soll in ihre Heimat zurückkehren, in das Wüstenreich Arathea. Doch Roudette will sie nicht wie geplant an die Herrscherfamilie ausliefern, sondern macht Dornröschen auf Veränderungen aufmerksam, die durch ihren Weggang ausgelöst wurden. Ausgerechnet der Fee, die sie einst verflucht und zu einem grausamen Schicksal verdammt hatte, das in einer Vergewaltigung endete, ist es gelungen, ganz besondere Macht über die Menschen ihrer Heimat auszuüben. Um diesen Fehler auszubügeln und ein für alle Mal klare Verhältnisse zu schaffen, kehrt Talia nach Hause zurück. Auch ihre Gefährtinnen sind mit von der Partie ... nicht ahnend, dass diese Aufgabe auch sie sehr viel kosten wird.

In der dritten Geschichte um die Märchenprinzessinnen, die ihren ganz eigenen Weg gehen, dreht es sich auch diesmal um sehr persönliche Probleme einer Heldin. Darnelle und Schnee bleiben eher im Hintergrund, sind wie Roudette eher Begleiter als Hauptfiguren. Talia ist die treibende Kraft – diejenige, die sich in der alten Heimat auskennt, den anderen die Verhaltensregeln beibringt, die für ihr Überleben notwendig sind und schließlich nach einem Weg sucht, um dem Schmerz, der immer noch tief in ihr wühlt, Einhalt zu gebieten oder durch Entschlossenheit und Wut zu ersticken.

Die Spannung wird durch mehrere überraschende Wendungen immer wieder aufs neue geschürt, denn schon die Tatsache allein, dass Roudette vielleicht nicht zu trauen, sie aber nicht unbedingt der Oberbösewicht ist, sorgt für eine ganz andere Sicht auf die Geschehnisse in Talias Heimatland und täuscht darüber hinweg, dass der Handlungsverlauf eigentlich recht schlicht ist.

Wie gewohnt werden Märchenmotive auf den Kopf gestellt und augenzwinkernd persifliert, auch wenn diesmal der Humor eher im Hintergrund bleibt und nach den ersten Seiten ganz verschwindet. „Rotkäppchens Rache“ ist weitaus düsterer und ernster als seine Vorgänger – und aus diesem Grund fällt etwas deutlicher auf, dass Jim C. Hines die Handlung nicht immer ganz logisch aufbaut. Dafür aber arbeitet er den Schmerz und die Verzweiflung von Talia sehr gut aus, lässt sie sich im Verlauf der Geschichte weiterentwickeln und am Ende etwas zur Ruhe kommen. Das gleicht die kleinen Schwächen bei der Auflösung etwas aus. Längen gibt es diesmal keine, da allein die exotische Umgebung und das spannungsgeladene Umfeld immer wieder für Aufregung sorgt, auch beim Leser.

Damit ist „Rotkäppchens Rache“ wesentlich besser als „Die fiese Meerjungfrau“, auch wenn der Roman nicht ganz an „Drei Engel von Armand“ herankommt, da ihm ein wenig der augenzwinkernde Umgang mit dem Märchenmotiven fehlt. Auf der anderen Seite bietet er düstere Spannung, die stellenweise durch ihre Härte und Kompromisslosigkeit unter die Haut geht.