Midge Bale: SexSucht - Drei Wochen Dauersex (Buch)
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- Kategorie: Rezensionen
- Veröffentlicht: Donnerstag, 29. Mai 2025 10:00

Midge Bale
SexSucht - Drei Wochen Dauersex
Blue Panther Books, 2024, Taschenbuch, 138 Seiten, 12,90 EUR
Rezension von Irene Salzmann
Der Autor, der sich Midge Bale nennt, verrät von sich, dass ihn die Erotika neugierig machten, die seine Frau gern liest. Daraufhin begann er, seine diesbezüglichen Phantasien niederzuschreiben und debütierte schließlich mit dem Roman „SexSucht - Drei Wochen Dauersex“ bei Blue Panther Books. Der Titel gibt preis, was die Leserschaft erwartet.
Um über eine zerbrochene Beziehung hinwegzukommen, bucht der Kölner Lars drei Wochen Urlaub in einem Ferienhaus an der französischen Küste. Zufällig lernt er die extrovertierte Niederländerin Carolyn kennen, die ebenfalls Ferien macht. Nach dem holprigen Start können sie selbst in der Öffentlichkeit kaum noch die Finger voneinander lassen und treiben es überall, zu jeder Zeit, ohne Tabus und immer härter. Längst wund hören sie nicht auf und gieren dem nächsten multiplen Orgasmus entgegen.
Das Idyll wird jedoch von Carolyns lesbischer Freundin, der Französin Isabelle, die in der Nähe wohnt, gestört. Sie ist nicht gewillt, die Frau, die sie liebt, Lars einfach zu überlassen. Während es Carolyn genießt, umworben zu werden, und kein Problem darin sieht, sowohl mit einem Mann als auch mit einer Frau Spaß zu haben, wollen die anderen beiden nicht teilen und hadern mit den Kompromissen. Obschon Lars, anders als Carolyn, erkennt, dass Isabelle sehr leidet, hält ihn das nicht davon ab, immer heftigere BDSM-Praktiken mit Carolyn auszuleben, die eindeutige Spuren hinterlassen, was Isabell erschreckt.
Die Wege der drei trennen sich, als Carolyns Urlaub endet. Lars ist schon einige Tage zurück in Köln, als Carolyn Kontakt zu ihm aufnimmt. Bei seinem Besuch in Harlem erfährt er, dass Isabelle am darauffolgenden Wochenende anreisen und Carolyn keine Entscheidung, wie es weitergehen soll, fällen will, was ihn sehr verletzt. Prompt beginnt er, sich zu fragen, ob er an dieser Beziehung festhalten möchte, zumal er längst ein anderes heißes Eisen im Feuer hat.
Dann passiert etwas Schreckliches, und die Polizei verlangt, Lars zu sprechen.
„SexSucht - Drei Wochen Dauersex“ präsentiert Männer-Phantasien, geschrieben von einem Mann für Männer, und wenn Frauen ebenfalls daran Gefallen finden, umso besser.
Im Mittelpunkt steht ein durchschnittlicher Typ, der sich schnell zum unermüdlichen, potenten „Hengst“ mausert, der 24/7 „kann“ und seine Gespielin von Höhepunkt zu Höhepunkt treibt. Was typische (Film- und) Romanhelden versprechen, bekäme gewiss so manche Leserin gern von einem realen Mann eingelöst, wenn auch eher nicht so rücksichtslos, wie hier beschrieben.
Männliche Leser dürfen sich mit dem Protagonist identifizieren, aber er gebärdet sich immer mehr wie ein rücksichtsloser Sex-Supermann und weckt, nachdem man ihm zunächst anerkennend auf die Schulter geklopft hätte, Eifersucht und Ablehnung. Umso besser gefallen wird die hemmungslose, unersättliche „Stute“, die gern die Initiative ergreift und alles mitmacht, was an sie herangetragen wird, selbst Lust durch Schmerz; eine attraktive, sexgierige Frau, bei der man praktisch nichts falsch machen kann. Träume, die leicht zu Albträumen werden, vor allem wenn die Wünsche doch nicht in dieselbe Richtung gehen.
Das Paar ist regelrecht besessen voneinander und befeuert sich gegenseitig in seiner Sex-Sucht, die zunehmend krankhafte Züge annimmt und keinen Raum für etwas anderes lässt. Entsprechend stört Isabelle, die weder aufgeben will noch sich mit einem flotten Dreier arrangieren kann. Aber auch Carolyns Egoismus, beide haben zu wollen und keine klaren Verhältnisse zu schaffen, kompliziert die Situation. Man erfährt nicht, welche Register Isabelle neben Tränen und Wutausbrüchen zieht, hingegen schildert der Autor ausführlich, wie Lars‘ Umgang mit Carolyn immer aggressiver - weniger Zuckerbrot und mehr Peitsche - wird.
Wirklich sympathisch findet man keinen der Protagonisten. Jeder von ihnen denkt in erster Linie an sich, selbst wenn ein gewisses Verständnis für die Sehnsüchte der anderen vorhanden ist. Tiefere Gefühle traut man lediglich Isabelle zu, während es den anderen hauptsächlich um die Befriedigung ihrer Triebe geht. Dabei wirken Lars‘ Eifersucht auf Isabelle und Carolyns auf dessen Nachbarin Natalie verlogen, denn keiner von ihnen ist dem anderen treu oder spricht von Liebe.
Bis zum Schluss reihen sich die grafischen Schilderungen der sich steigernden Sex-Sucht, ohne dass etwas Interessantes passiert. Parallel nimmt des Lesers Langeweile zu. Zudem nerven die immer gleichen Beschreibungen von den körperlichen Vorzügen und der sexuellen Gier von „Hengst“ und „Stute“ sowie das Mitleidheischen der „Heulsuse“.
Erst auf den letzten Seiten wird es ein bisschen dramatisch, doch genau das konnte man kommen sehen. Zu spät versucht Midge Bale, Spannung in die ausklingende Handlung zu tragen und an Anteilnahme am Schicksal der Figuren zu appellieren. Etwaige Ansätze wurden durch das Minimum an Plot und Charakter-Entwicklung sowie einem Maximum an Sex vergeigt. Das mag dem Autor bewusst gewesen sein, denn sein Stil ändert sich, und er zieht das Finale im Schnellverfahren durch, vielleicht mit den Gedanken bereits beim nächsten Manuskript.
Wer sich mit dem Inhalt anfreunden kann, bekommt deftigen Sex nonstop, durchaus flüssig und nachvollziehbar erzählt. Allein die letzten knapp gehaltenen Seiten ab Carolyns Urlaubsende wollen nicht recht zu den ausführlichen, schon langatmigen Beschreibungen davor passen. Hofft man auf mehr Handlung mit sympathischen Figuren, überraschenden Entwicklungen und weniger Sex-Superlativen, könnte ein anderer Titel eventuell eher die Erwartungen erfüllen.