Angelique Corse: Unter meiner Peitsche - Du verdienst deine Strafe (Buch)

Angelique Corse
Unter meiner Peitsche - Du verdienst deine Strafe
Blue Panther Books, 2024, Taschenbuch, 166 Seiten, 12,90 EUR

Rezension von Irene Salzmann

Für den Studenten Sebastian könnte es nicht besser laufen: Seine gutsituierten Eltern unterstützen ihn großzügig, mit dem Studium kommt er problemlos voran, seinem Aussehen und Charme verdankt er es, dass alle hübschen Frauen, die nicht bei Drei auf dem Baum sind, in seinem Bett landen.

Er macht keinen Hehl daraus, dass er sich nicht binden, sondern mit One Night Stands amüsieren will, und glaubt, dass es reicht, dies vorab zu kommunizieren, damit keine Eroberung enttäuscht ist, wenn er sich nach dem Akt schleunigst verdrückt. Das ist nicht die feine Art, weiß er selbst, doch er hat ja nie etwas versprochen. Längst ist er auf dem Campus berüchtigt, wird beneidet und verachtet.

Nachdem Sebastian die Austausch-Studentin Fleur flachgelegt und sich wie üblich davongemacht hat, ist plötzlich alles anders. Zwar empfindet er nichts für Fleur, nicht einmal Skrupel, sie eiskalt abserviert zu haben - stattdessen bemitleidet er sich selbst, weil ihn der gute Sex nicht länger erfüllt. Sein Freund Adrian, den er um Rat fragt, meint, dass es vielleicht Zeit für eine feste Liebesbeziehung sei, doch davon will Sebastian nichts hören.

Wesentlich besser gefällt ihm der Vorschlag, aus dem Alltagstrott herauszukommen und einen Urlaub zu buchen, um zu sich selbst zu finden, vor allem weil sein jüngstes Abenteuer mit der Dozentin Susanna ihm verdeutlicht hat, dass er nicht für immer vor seinen geheimen Begierden davonlaufen kann.
Diese scheint man ihm in Thailand an der Nasenspitze ansehen zu können, denn erst im Hotel und später in einem Club findet er Spielpartner, die ihn ermutigen, seine Wünsche auszuleben, da sie ähnliche Bedürfnisse hegen.

In dem Etablissement begegnet Sebastian der Pole-Tänzerin Pei, einer Sklavin, und ist hin und weg. Nach dem Auftritt darf er sie buchen und verliebt sich Hals über Kopf, will sie gar freikaufen und ihr die Entscheidung überlassen, ihn nach Deutschland zu begleiten oder in der Heimat zu bleiben. Der Preis ist hoch, und er wird gewarnt, sowohl vor dem Zuhälter als auch vor solchen Mädchen allgemein.


Wirklich sympathisch wirkt Lady-Killer Sebastian nicht auf die Leserschaft, denn er hält sich für den Mittelpunkt aller Dinge, nimmt sich, was er kriegen kann, die Gefühle anderer sind ihm egal, und als ihm die unzähligen One Night Stands zu langweilig werden, bedauert er sich selbst und sucht nach extremeren Genüssen.

Susanna ist nicht etwa die Ursache, sondern lediglich der Anlass für seinen Sex-Trip nach Thailand, wo er auf anonyme Befriedigung im BDSM-Milieu hofft.

Da der attraktive Deutsche höflich und ehrlich auftritt, bleibt er nicht lange allein. Girls und Boys sind gleichermaßen an Sebastian interessiert und tragen ihren Teil dazu bei, dass er sich zu seinen Wünschen bekennt, in denen er als Herr über Schmerz und Lust seiner devoten Partner bestimmt. Als er Pei begegnet, ist es für ihn nicht bloß erfüllender Sex, sondern Liebe auf den ersten Blick, obwohl er nichts über sie weiß. Dass sie sich prostituiert hat, um zu überleben, ist ihm egal, denn lebte er, obschon er nie Geld genommen hatte, nicht ebenfalls promiskuitiv? Pei freizukaufen, birgt viele Risiken, die er bereit ist einzugehen.

In dem vorliegenden Roman von Vielschreiberin Agelique Corse („Schloss der dunklen Leidenschaft“, „Fesseln der Leidenschaft“, „Der scharfe Lehrer“ u.a.) dreht sich alles um Sebastian und seine amourösen Abenteuer. Nachdem ihm der Blümchen-Sex keinen Spaß mehr bereitet, wendet er sich heftigeren Praktiken zu, findet Gleichgesinnte und entwickelt erstmals tiefe Gefühle.

Was Pei für ihn so besonders macht, wird nicht ganz klar - Ausgangspunkt ist der Pole-Dance, bei dem sie von einem Maskierten ausgepeitscht wurde -, denn auch bei Chara und Juaba kam Sebastian zuvor auf seine Kosten. Dass der ihm von Pei beigebrachte Knutschfleck als gegenseitiger Liebesbeweis interpretiert wird und Sebastians Plan festigt, sie aus dem Milieu zu holen, ist schon sehr Ponyhof, genauso wie der schnelle Handel mit dem zuvorkommenden Zuhälter. Aber die Story ist noch nicht vorbei.

Als Leser hätte man sich mehr Aufmerksamkeit vom Lektorat gewünscht, dem eine Menge Tipp-, Grammatik- und auch inhaltliche Fehler entgangen sind. Zum Beispiel telefoniert Sebastian auf Seite 33 mit Adrian. Auf Seite 34 wird eine Eigenart von Adrian beschrieben, dass er beim Nachdenken einen Finger an die Lippen legt, was Sebastian zwar wissen, aber nicht sehen kann. Übergangslos ist Adrian während des Dialogs präsent - hat ihn Scotty zu Sebastian gebeamt oder ihm „The Sensational She-Hulk“ (John Byrne, Marvel, 1989) den distanzlosen Schritt ins nächste Panel gezeigt? - und begleitet anschließend Sebastian auf Seite 37 zum Reisebüro. Es sind vermeidbare Kleinigkeiten, die in der Summe das Lesevergnügen nicht weiter trüben, vielen Lesern wahrscheinlich nicht einmal auffallen.

Was man auch etwas schade findet, ist, dass die exotische Kulisse von Thailand einfach nur aus dem Wort Bangkok besteht, die Beschreibung von Land und Leuten kurz abgebügelt wird, nichtssagend und klischeehaft bleibt, die Autorin wohl kaum/keine eigenen Erfahrungen abseits von Reiseprospekten oder ähnlichem beisteuern konnte. Selbst das Cover geht auf den Background nicht ein (im Falle von Alex Rankleys „LadyBoy Lucy“, das ebenfalls in Thailand spielt, bewies Blue Panther Books ein besseres Händchen).

Alles in allem wird man gut unterhalten, trotz zu vieler Klischees und flachen Charakteren, mit denen man nicht richtig warm wird, sowie einer etwas anderen Erwartungshaltung hinsichtlich Sebastians Thailand-Reise. Der erwartete Hauch von etwas Krimi-Spannung bleibt leider aus („Doch das junge Glück wird von vielen Seiten bedroht: Peis Zuhälter…“, Backcover), denn die Autorin schließt lediglich den Kreis zum Ponyhof - genauer: zum Anfang des Buches und damit zur Familie, die an Sebastians Verhalten natürlich nicht ganz unschuldig ist, zur Uni und früheren Beziehungen, einer rachsüchtigen und einer unerwartet verständnisvollen. Die positiven Punkte sammelt Angelique Corse durch ihren flüssigen Stil und die nicht zu extremen Beschreibungen der Sex-Szenen. Da wäre wahrlich mehr drin gewesen.