Operation Liebe - Auf den ersten Blick 2 (Comic)
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- Kategorie: Rezensionen
- Veröffentlicht: Samstag, 10. Mai 2025 07:30

Operation Liebe - Auf den ersten Blick 2
(Japan, 2006)
Text: Mari Asami
Titelbild & Zeichnungen: Hinako Takanaga
Übersetzung: Josef Shanel und Matthias Wissnet
Tokyopop, 2009, Taschenbuch, 314 Seiten, 8,50 EUR
Rezension von Irene Salzmann
Die Ärzte Jun Asaka und Shogo Udo sind ein Paar, aber da der eine in Japan, der andere vorübergehend in den USA arbeitet, können sie ein Jahr lang nur telefonieren und voneinander träumen. Juns Eltern wissen nichts davon, und sein Vater, Leiter der Notfallklinik, die der Sohn einmal übernehmen soll, drängt ihn, die Tochter eines Kollegen kennenzulernen, um endlich zu heiraten und einen Stammhalter zu zeugen, denn das Krankenhaus soll auch weiterhin in der Familie bleiben.
Sonst ganz der gehorsame Sohn eines dominanten Vaters lehnt Jun diesmal konsequent ab, vermag aber immer noch nicht die Wahrheit zu offenbaren. Als später das verliebte Paar telefoniert, spürt Shogo, dass etwas Jun belastet. Ohne einander abzusprechen, beschließen beide, sich einige Tage freizunehmen und den anderen zu besuchen. Auf dem Weg zum Flughafen wird Jun in einen Unfall verwickelt und in die Klinik gebracht. Zufällig erkennt Shogo, der gerade eingetroffen ist, das Auto seines Liebsten, folgt dem Krankenwagen und übernimmt persönlich die Operation.
Anschließend muss er Juns Vater Rede und Antwort stehen, weil er kein Angestellter der Klinik (mehr) ist. Shogo gibt zu, dass er in Jun verliebt ist, und verspricht, sich zurückzuziehen, um zu verhindern, dass es zwischen seinem Partner und dessen Familie zu einem Bruch kommt. Auch will er nicht Juns Karriere im Weg stehen.
Jun bekennt sich zu Shogo und zieht zu ihm in eine andere Stadt. Gemeinsam arbeiten sie in einer Notfallklinik, behalten das Geheimnis um ihre Beziehung jedoch für sich.
Unerwartet erhält Shogo Besuch von einem früheren Mitschüler, Tatsuya Mimori, der als Schwimmtrainer arbeitet und wegen seines Schützlings Naoki Yajima um Rat ersucht. Die beiden Ärzte treffen die Schwimmer bei einem inoffiziellen Wettkampf und erkennen sogleich, dass das Leiden des jungen Mannes weitaus schlimmer ist, als befürchtet. Auch ihm ist das klar, und nur wenige Stunden danach wird Yajima nach einem Selbstmordversuch in die Klinik eingeliefert.
Er wird gerettet, hat aber jeglichen Lebensmut verloren und droht, erneut zu versuchen, sich umzubringen. Anderentags ist er verschwunden und taucht ausgerechnet vor der Wohnung der Ärzte auf. Jun ist allein, lässt ihn herein und bemüht sich, dem Patient gut zuzureden, was diesen nur noch zorniger werden lässt. Die Situation eskaliert.
Der zweite Band der Serie „Operation Liebe“ ist in sich abgeschlossen und problemlos zu lesen, selbst wenn man die erste Light Novel nicht kennt. Das Wesentliche wird eingangs kurz zusammengefasst, nachdem die einjährige Trennung, die Jun und Shogo hatten nutzen wollen, um sich über ihre berufliche Zukunft klarzuwerden, schon beinahe vorbei ist.
Bevor das Paar einander glücklich in die Arme sinken kann, gibt es vermeidbare Komplikationen. Da Jun jedoch auf die Gefühle seines Vaters Rücksicht nehmen und Shogo nicht mit seinen persönlichen Problemen belasten will, werden notwendige Gespräche aufgeschoben. Der Unfall legt schließlich den Grundstein, die Katze endlich aus dem Sack zu lassen, doch wieder wird aus falscher Rücksichtnahme nicht offen geredet.
Dass es dennoch ein Happy End gibt, überrascht nicht, schließlich wurde ein weiteres Kapitel angeschlossen, in dem erneut Jun und Shogo im Mittelpunkt stehen und die Schwimmer Mimori und Yajima an ihre Seite treten, jedoch ohne selbst ein Paar zu sein oder ihnen gar die Hauptrollen streitig zu machen.
Um die fortwährenden Familien- und Beziehungsprobleme nicht überzustrapazieren, wird die Arbeit im Krankenhaus stärker miteinbezogen, zu der nicht allein physische, sondern auch psychische Hilfe gehört.
Erotische Szenen gibt es natürlich reichlich, denn Jun und Shogo können kaum die Finger voneinander lassen. Es gibt Telefonsex, Selbstbefriedigung inklusive Voyeurismus, den üblichen Sex mit Shogo als Top und Jun als Bottom sowie eine Beinahe-Vergewaltigung.
Die Schilderungen von Mari Asami sind sehr explizit, aber die Wortwahl fällt nicht allzu derb, eher „klinisch“ aus. Ergänzt wird mit einer farbigen und dreizehn zarten SW-Zeichnungen von Hinako Takanaga, die noch das eine oder andere der Phantasie überlassen.
„Operation Liebe“ ist typisch für eine in Deutschland erscheinende Light Novel (es gibt auch Bücher anderen Kalibers in Japan): Es handelt sich wirklich um leichte Unterhaltung ohne einen komplexen Plot, ausführlicher Charakterisierungen und tiefergehender Konflikte. Die Romane wirken schnell herunter geschrieben und auf die für das Genre wichtigsten Punkte begrenzt, bei denen im Fall von Boys Love durch Schweigsamkeit provozierte Probleme, romantische Verwirrungen, stark emotionale Szenen, Beschreibungen des Aussehens, der Gefühle und Sehnsüchte sowie natürlich erotischer Szenen das Geschehen bestimmen, das selten über eine dramatisch-spannende Handlung verfügt.
Kann man sich damit arrangieren, zumal die Geschichten und Motive einander sehr ähneln, selbst wenn die Kulisse wechselt (Schule, Uni, Beruf und so weiter), wird man eine Weile Spaß an den Light Novels beziehungsweise auch an „Operation Liebe“ haben, bis man sich irgendwann einmal daran „satt gelesen“ hat.