Amie Kaufman: The Isles of the Gods (Buch)
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- Kategorie: Rezensionen
- Veröffentlicht: Montag, 06. November 2023 08:59
Amie Kaufman
The Isles of the Gods
(The Isles of the Gods, 2023)
Übersetzung: Barbara König
Titelbild: Aykut Aydoğdu
Sauerländer, 2023, Hardcover, 480 Seiten, 19,90 EUR
Rezension von Carsten Kuhr
Weit mehr als eine Generation ist es mittlerweile her, dass die Götter höchstselbst - streitbar und vernichtend wie sie waren und sind - einander im Kampf gegenüber standen. Ein für alle Zeit vernichtetes Land blieb übrig, die Göttin des Heilens ist seitdem für den ewigen Schlaf ihres aggressiven Götterbruders zuständig. Das selbstlose Opfer eines Königs brachte damals die Wende. Seitdem unternimmt einer aus dem Königsgeschlecht Alinors alle 25 Jahre eine Pilgerfahrt zur Insel der Götter, um im Schrein der Wächterin ein Blutopfer - nur einige wenige Tropfen Lebenssaft - zu bringen.
Letztes Jahr wäre es soweit gewesen, doch Kronprinz Leander hatte anderes, Wichtigeres im Kopf. Etwa von einer Festivität zur nächsten zu eilen, dabei die Herzen der jungen Männer wie Frauen zu erobern und sein Vergnügen zu suchen. Jetzt droht der bewaffnete Konflikt mit dem Nachbarreich, das nach wie vor den schlafenden Gott des Krieges anbetet. Um nur ja keinen Verdacht aufkommen zu lassen, entscheidet die Monarchin ihn an Bord eines schnellen Handelsschiffs unter Segeln zur Insel zu entsenden; die Flotte fährt derweil ein Ablenkungsmanöver.
Dass der erfolgsverwöhnte Prinz an Bord auf die Tochter des Reeders trifft, die scheinbar seinen Reizen absolut nicht zugänglich ist, verwundert, ja verstört den Adeligen. Wirkt sein Charisma nicht länger, hat er seinen Charme verloren? All diese Fragen werden schnell gegenstandslos, als ein Dampfschiff unter großkalibrigen Kanonen Jagd zuerst auf die zur Ablenkung in See gesetzte Flotte, dann auf das Segelschiff macht.
Amie Kaufman ist uns vornehmlich aus ihrer erfolgreichen Zusammenarbeit („Aurora“-Trilogie) mit Landsmann und Bestseller-Autor Jay Kristoff ein Begriff. Mit diesem Auftakt eines Zweiteilers geht sie, nach ihrem „Unearthed“-Zweiteiler, erneut eigene Wege.
Zunächst hat mich die Welt, in der sie ihre Handlung platziert hat, überrascht. Statt einer archaischen Umgebung erwartet uns eine Zivilisation, in der Automobile und dampfbetriebene Schiffe beginnen, die Pferde und Segel als Antrieb abzulösen.
Erzählt wird die Geschichte aus Sicht von vier, eigentlich fünf Personen: Neben der vorlauten Reederstochter Selly und des Kronprinzen sowie einem wissbegierigen Gelehrten auf der Flucht vor einer arrangierten Ehe, wissen deren Antagonisten - ein früherer Freund des Prinzen und die Schwester einer Unterwelt-Grand-Dame - zu gefallen. Hier hat uns die Autorin ungewöhnliche, weil interessant andere Figuren kredenzt, aus deren jeweiliger Sicht wir ganz unterschiedliche und unkonventionell Einblicke in die Handlung bekommen. Das sind keine normalen Helden, das sind Menschen, die glaubwürdig gezeichnet werden, die realitätsnah agieren, denen wir gerne ihre Sorgen und Nöte abnehmen und denen wir uns deswegen problemlos annähern.
Der Romantik-Faktor nimmt im Verlauf des Geschehens deutlich zu, bleibt aber doch letztlich im platonischen Bereich.
Insgesamt gesehen ein munter zu lesender, spannender und abwechslungsreicher Auftakt eines Abenteuer-Schmökers klassischer Ausprägung, der moderne Themen und Strömungen (Diversität) aufgreift und neugierig macht auf den Folgeband.