Samantha Shannon: Die Drachenreiterin - Das Kloster des geheimen Baumes 2 (Buch)

Samantha Shannon
Die Drachenreiterin
Das Kloster des geheimen Baumes 2
(A Day of Fallen Night 1: A Roots of Chaos (S. 464-868), 2023)
Übersetzung: Wolfgang Thon
Titelbild: Ivan Belikov
Penhaligon, 2023, Hardcover, 540 Seiten, 22,00 EUR

Rezension von Carsten Kuhr

Im Mittelpunkt stehen weiterhin zwei Frauen, wie sie unterschiedlicher kaum hätten aufwachsen können. Hier Prinzessin Glorian, seit ihrer Geburt als künftige Herrscherin über Ynis auserkoren und entsprechend erzogen, dort Dumai, die im Hochgebirge, auf einer Höhe, da die normalen Menschen Probleme haben zu Atem zu kommen, heranwächst. Auch sie wird behütet und umsorgt, wächst aber unter ungleich kargeren Umständen in einem Kloster in Saiiki heran. Verbunden sind beide durch ihren gemeinsamen Vater. Beide Frauen stellen sich dem drohenden Untergang der Menschen entgegen. Die Wyrm, finstere Drachen, planen, das Menschen-Geschmeiß zu vernichten und die Herrschaft der Welt an sich zu reißen.

Dumai versucht zusammen mit ihrem Drachen Furtia vor der Bedrohung zu warnen - allein, fast niemand mag ihr Gehör schenken, noch weniger ihr glauben. Zu gemütlich haben sich die Menschen eingerichtet, zu sehr konzentriert sich ein jeder auf seine alltäglichen Probleme.

Nicht viel anders ergeht es Prinzessin Glorian von Ynis. Zwar bereitet sie ihr Volk auf den drohenden Kampf vor, doch ihr Regent nutzt die Gunst der unruhigen Stunde um selbst zu versuchen, sich an die Macht zu putschen.

 

Ein neudeutsch so treffend ausgedrückt Prequel zu einem High-Fantasy-Bestseller, der wegen seines Umfangs in der Übersetzung - wie die ursprüngliche Geschichte auch - wieder in zwei Bücher gesplittet wurde, legt uns Penhaligon vor. Es geht um die Vorgeschichte vom „Ordens des geheimen Baumes“.

Wie bereits beim Vorgängerband hat sich der Verlag sichtlich Mühe gegeben. Farbenprächtige Relief-Spotlackierung soll das Interesse des potentiellen Käufers wecken. Nach dem Erfolg des ersten Zweiteilers eine durchaus begründete Hoffnung.

Im Mittelpunkt des Geschehens wiederum interessante, weil sich entwickelnde junge, mächtige Frauen. Dabei hält sich die Verfasserin an ihr erfolgserprobtes Schema: eigensinnige junge Frauen, die ebenso impulsiv wie emotional agieren und dann schauen müssen, wie sie die Malaise, die sie sich eingebrockt haben, wieder auf die Reihe bekommen. Dazu gesellen sich jede Menge Intrigen und Geheimnisse sowie - Drachen. Vorliegend zumeist Lindwürmer der unnachgiebigen, bösen und nachtragenden Sorte, die weit mehr wie eine Urgewalt über die Menschen hereinbrechen, als wie eine rationale Spezies. Nicht umsonst warnen Überlieferungen bei allen Völkern davor, dass die Drachen, einmal erwacht, die Menschheit vernichten könnten.

Im zweiten Teil des Originalromans geht es deutlich temporeicher und auch dramatischer zu. Die Figuren begegnen sich, ohne dass es hier zu der von mir erwarteten großen Auseinandersetzung zwischen den Halbschwestern kommt. Diese sind mit dem Versuch, das drohende Unheil doch noch aufzuhalten, mehr als ausgelastet. Danach rast alles dem fulminanten Finale entgegen.

Zwar kommen die beiden Romane, die eigentlich ja einer sind, nicht ganz an den „Orden“ heran, lesen sich aber flüssig und spannend auf einen Rutsch durch. Während der erste Band noch etwas braucht, um in die Gänge zu kommen, geht es im abschließenden Teil voller Verve hinein in den dramatischen Konflikt.