Jack McDevitt: Zeitreisende sterben nie (Buch)

Jack McDevitt
Zeitreisende sterben nie
(Time Travelers Never Die, 2009)
Aus dem Amerikanischen von Frauke Meier
Titelbild: Arndt Drechsler
Bastei-Lübbe, 2011, Taschenbuch, 525 Seiten, 8,99 EUR, ISBN 978-3-404-24396-9

Von Gunther Barnewald

Als der Physiker Michael Shelborne plötzlich aus seinem von innen verschlossenen Haus verschwindet, erhält sein Sohn Adrien, genannt Shel, ein kleines Päckchen durch einen Anwalt, den Shels Vater beauftragt hatte. Es enthält drei kleine elektronische Gräte und die Maßgabe, diese tunlichst zu zerstören, sollte Michael verschwunden sein.

Shel kann mit den merkwürdigen Geräten zuerst nichts anfangen, als er jedoch den Druckknopf an dem einen ausprobiert, landet er viele Kilometer von seinem Ursprungsort entfernt. Erst später bemerkt er, dass ihn das Gerät auch um fast einen Tag in die Vergangenheit zurück versetzt hat. Zunächst ist Shel erschrocken, dann beginnt der junge Mann zu experimentieren und weiht seinen Freund David Dryden, der einige Sprachen spricht, in das Geheimnis der Geräte ein. Zusammen beginnen sie historische Gegebenheiten zu erkunden, die ihnen interessant erscheinen.

Dank der Geräte erfährt Shel auch, was aus seinem Vater geworden ist. Doch dann erfährt David, dass Shels Haus abgebrannt ist, man eine total verbrannte und vorher gewaltsam zu Tode gekommene Leiche in dem Haus gefunden hat, die man dank der Zahnabdrücke als die von Adrien Shelborne identifiziert hat. David ist entsetzt und versucht, gegen das Schicksal seines Freundes anzugehen. Leider lassen die Zeitmaschinen keine Zeitparadoxa zu. Wer ein solches versucht zu verursachen, stirbt eines abrupten Unfalltods. Doch welche Möglichkeiten bleiben dann David noch, seinen Freund zu retten? Denn eigentlich kann man dank Zeitreisen jeden Menschen besuchen und trifft ihn immer irgendwo, zu seiner Zeit, lebendig an...

Der vorliegende Roman beginnt mit Shels Beerdigung, bevor der Leser (der aber durch Titel und Klappentext natürlich vorinformiert worden ist) die Geheimnisse um die Zeitmaschinen, die Shels Vater entwickelt hat, erfährt. Wie immer bei McDevitt ist die Handlung unterhaltsam, die Charaktere werden gut entwickelt und des Autors außerordentliche stilistische Fertigkeiten (die von der guten Übersetzung unterstrichen werden) machen das Buch zu einem Lesevergnügen. Wäre „Zeitreisende sterben nie“ das Werk eines unbekannten oder mäßigen Autors, würde man sich genüsslich zurücklehen und wäre dankbar für die vergnügliche Lektüre. Leider erwartet der Leser bei einem solch hervorragenden Schriftsteller etwas mehr. Und dieses „Mehr“ hat das Buch leider nicht zu bieten. Die Handlung ist einigermaßen fesselnd, aber nicht wirklich niveauvoll, neue Ideen leider völlige Fehlanzeige, und der Trick, mit dem sich der Autor um Zeitparadoxa herummogelt, ist einfach fadenscheinig.

Wer noch keine Zeitreisegeschichten kennt, wird vom vorliegenden Werk angetan sein, aber alle, die auch nur einen Hauch Ahnung vom Genre haben, werden sich eher langweilen. Dieses Buch ist leider nicht eine Spur innovativ, verschwendet viel Zeit auf das Offensichtliche und vermag inhaltlich gar nicht zu überzeugen (auch wenn Handlungsaufbau und Spannungsbogen in Ordnung sind).

Für alle Fans des Autors ist „Zeitreisende sterben nie“ eher enttäuschend, wer sich aber nur für einige Stunden gut unterhalten lassen will, wird hier gut bedient. Der Erstleser sollte sich jedoch davor hüten, McDevitts Novelle gleichen Titels zu lesen, aus der er den Roman entwickelt hat, (hierzulande ist diese in der Edition Andreas Irle unter dem Titel „Übersetzungen aus dem Kollosianischen“ zusammen mit anderen Kurzgeschichten des Autors erschienen), denn die wenigen mäßigen Ideen, die der Autor im Werk ausbrütet, sind leider auch fast alle schon in der kurzen Version vorhanden, so dass die 500 hier vorliegenden Seiten um so ärmlicher wirken.

Ein recht kurzweiliger Unterhaltungsroman ohne Ansprüche, nicht wirklich schlecht, aber leider auch nicht wirklich gut.