Sam Feuerbach, Bernhard Hennen, Mira Valentin, Greg Walters & Torsten Weitze: Der Unheiler - Minen der Macht 1 (Buch)

Sam Feuerbach, Bernhard Hennen, Mira Valentin, Greg Walters & Torsten Weitze
Der Unheiler
Minen der Macht 1
Titelbild: Shen Fei
Tor, 2023, Paperback, 462 Seiten, 18,00 EUR

Rezension von Carsten Kuhr

Sie ist der wirtschaftliche Rückhalt des Königreichs Evenbor. Die Rede ist von Grubenstedt, eine gigantische Mine, die sich terrassenförmig in das Erdinnere bohrt. Hier fand und findet man seltene Metalle, hier finden Menschen, wenn auch oftmals nur für Kupferpfennige, Arbeit und wenn sie nur den Schlamm aus den Tiefen nach oben schleppen oder die ewigen Tretmühlen bewegen. Und hier ruhen, verborgen im Schlamm, monetäre wie magische Schätze.

Ganz tief unten, auf der tiefsten Sohle der Minenstadt, landet der Auswurf der Gesellschaft. Wer einmal im Schlammring angekommen ist, der verlässt diesen nie wieder.

Dies gilt auch für die Büttel der Obrigkeit - allen voran Hauptmann Gunter. Als er im Schlamm auf eine ganze Reihe von Leichen stößt, denen Pflanzen aus jedweder Körperöffnung sprießen, ahnt er, dass das aber auch so gar nichts Gutes für ihn und seine Truppe bedeutet. Steckt eines der im Schlamm immer wieder auffindbaren magischen Artefakte dahinter, oder eher doch eine Unheilung, die droht den Schildstein, die magische Kuppel, die die Mine seit Jahrzehnten vor den angreifenden Horden der Wilden schützt, zu vernichten?

Die Spur führt zum Aschling Rami, der Diebin Kröte, dem Gastwirt Woulf und der Magierin Nisiima, die über die Totenrede verfügt - sie alle haben eine Verbindung zu den Toten, sind aber, das ahnt Gunter schnell, nicht für die Ermordeten verantwortlich. Wer und was aber steckt hinter den Leichenfunden, oder hat das Ganze etwas mit dem Angriff des Blutsturms auf die Stadt zu tun?


Fünf versierte, ja gefeierte deutsche Fantasy-Autoren verfassen zusammen einen Roman. Kann, wird dies gutgehen, so die Frage, die sich mir aufdrängte.

Nun, drei der fünf - Sam Feuerbach, Mira Valentin und Greg Walters - haben bereits einmal zu dritt mit der „Schattenstaub“-Trilogie ein entsprechendes Werk vorgelegt und bewiesen, dass eine derartige Kooperation durchaus ihren Reiz hat.

Vorliegend präsentieren uns die Verfasser einen Fantasy-Krimi, der, um dies vorwegzunehmen, durchaus zu überzeugen weiß. Wir befinden uns in einer rudimentär bleibenden, archaischen Welt, die Bühne wird durch die riesige Mine und deren Ebenen beherrscht. Ein wenig Magie gibt es, geknechtete und ausgebeutete Fremdrassen, jede Menge Geheimnisse und Menschen, die oft mehr schlecht als recht versuchen zu überleben.

In diese recht übersichtliche Kulisse haben die Verfasser ihren Kriminalplot eingebaut. Es geht um Leichen, um Getötete, deren Ableben ein Rätsel darstellt. Wer ist dafür verantwortlich, wie kommt es überhaupt zu den Opfern, wer steckt hinter den Verbrechen und warum werden sie begangen?

Jeder der fünf Verfasser hat sich wohl eine der Hauptfiguren ausgesucht, um diese jeweils textlich umzusetzen. Im Zusammenspiel dieser ganz verschiedenen Porträts wird uns zunächst die Bevölkerung der riesigen Minenstadt vorgestellt, erfahren wir mehr über die gesellschaftlichen Unterschiede, die Machtpyramide und auch ein klein wenig von den Geheimnissen, die ein Jeder mit sich herumträgt.

Dann geht es ans Ermitteln. Dabei ist weniger Holmes’scher Spürsinn gefragt, mehr der Kollege Zufall und Vorsehung, der unsere wackere Truppe tief hinein in den Schlamm und die darin verborgenen Katakomben und Gänge führt. Hier erwartet uns viel Leid, so manches schwere Schicksal, aber auch immer wieder Mut und überraschenderweise auch eine gewisse Integrität einzelner Figuren. Vieles ist plakativ, gerade was die auftretenden Gestalten anbelangt, dem Setzkasten entsprechender Fantasy-Romane entnommen; aber nicht alles. Immer wieder überraschen uns die Verfasser mit unerwarteter Tiefe, Gedanken und Verhaltensweisen, die wir nicht erwartet hätten.

Im Zentrum des Romans - dem die Autorin und die Autoren im Oktober dieses Jahres bereits die direkte Fortsetzung werden folgen lassen - steht natürlich die imposante, wenn auch dreckige Kulisse und die rätselhaften Vorgänge, die zu den vielen im Schlamm versteckten Leichen führten.

Ein Auftakt ist gemacht, ein Beginn, der zeigt, dass die fünf Verfasser gut zusammenwirken können, dass es ihnen gelingt, einen Roman vorzulegen, der sich flüssig und kurzweilig liest und Appetit auf Mehr weckt.