Chris McGeorge: Escape Time - Die Morde von Morgen (Buch)

Chris McGeorge
Escape Time - Die Morde von Morgen
(Half-Past Tomorrow, 2021)
Übersetzung: Karl-Heinz Ebnet
Knaur, 2023, Paperback, 414 Seiten, 16,99 EUR

Rezension von Gunther Barnewald

Shirley Steadman ist eine nicht allzu rüstige Rentnerin von 70 Jahren, die nur mit ihrer Katze in einem alten Haus lebt und manchmal von Tochter, Schwiegersohn und den beiden Enkelkindern besucht wird. Um sich nicht ganz so unnütz zu fühlen, und vor allem weil es ihr große Freude bereitet, arbeitet sie ehrenamtlich im örtlichen Krankenhaus, welches eine eigene kleine Radiostation für die Patienten betreibt. Hier laufen allabendlich Wunschkonzerte der örtlichen „Kurzzeitbewohner“, deren Auswahl vom Personal eingesammelt wird. Vor allem Shirley hat daran große Freude.

Eines Abends hört sie im Radio, während sie das Wunschkonzert vorbereitet, auf einer angeblich unbelegten Frequenz, einen Sender namens Mallet (Mallet AM für Shirley). Zuerst glaubt Shirley, der Ansager der lokalen Nachrichten habe sich im Datum vertan, denn er erzählt von den lokalen Ereignissen des morgigen Tages.

Erst am nächsten Tag erkennt die alte Frau, dass der Sturz des örtlichen Bäckers von der Leiter noch gar nicht stattgefunden hat. Doch kaum hat sie dies erkannt, fällt der Mann auch schon von der Leiter. Auch der Unfall des Milchlasters wird korrekt vorhergesagt am nächsten Abend. Diesmal ist Shirley sogar vor Ort, um sich den Unfall anzusehen. Als sie die Polizei informieren will, weil für den nächsten Tag ein Mord vorhergesagt wird, lacht man sie dort nur aus. Auch Freundinnen nehmen sie nicht ernst. Selbst das Mordopfer lacht nur und wirft sie raus, später beschimpft er die alte Dame auch noch heftig.

Ist Shirley verrückt, zumal sich zuhause ihr angeblich verstorbener Sohn herumtreibt und immer wieder mit ihr redet?

Bald zeigt sich jedoch, dass nicht nur ihr Sohn alles andere als eine Geister-Erscheinung ist, sondern dass auch der Mord wie vorhergesagt stattfindet. Zu allem Unglück kündigt die Radiostimme für den nächsten Tag einen weiteren überraschenden Tod an, den Shirley natürlich erneut gerne verhindern möchte...


Auch in seinem vierten Roman gelingt Chris McGeorge eine äußerst spannende Erzählung mit gut konstruiertem Spannungsbogen. Wieder sind die Charaktere eher blass, die Atmosphäre ist ausbaufähig. Aber die Geschichte überzeugt mit vielen frechen und vor allem überraschenden Ideen. Dabei ist der Plot so gut konstruiert, dass ein ständiges Hin und Her den Leser in Atem hält. Science Fiction oder nicht, ist hier lange die Frage.

Natürlich ist es gegen Ende wie immer bei McGeorge: Er hat auch für die verrücktesten Wendungen zum Schluss reale Erklärungen, kann alles in einer cleveren Plot-Konstruktion auflösen.

Wer spannende, mysteriöse und smart konstruierte Geschichten bevorzugt, dem wird auch das vierte Werk dieses Autors wieder gut gefallen, welches seinen anderen drei Büchern im Bezug auf Konstruktion und Auflösung (aber nicht inhaltlich) sehr ähnelt.

„Escape Time - Die Morde von Morgen“ ist eine packende Einmal-Lektüre, ideal für Zwischendrin oder auf Reisen, aber leider wieder ohne nennenswerte literarische Qualitäten; „Fast Food“ für den Bücherwurm!