Das Rätsel des silbernen Halbmonds (BD)
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- Kategorie: Rezensionen
- Veröffentlicht: Samstag, 19. März 2022 18:55

Das Rätsel des silbernen Halbmonds
D/I 1972, Regie: Umberto Lenzi, mit Uschi Glas, Antonio Sabato, Marina Malfatti u.a.
Rezension von Elmar Huber
Innerhalb kurzer Zeit werden in Rom eine Prostituierte und eine Künstlerin brutal ermordet. Bei den Leichen findet die Polizei jeweils ein silbernes Schmuckstück in Form eines Halbmonds. Opfer Nummer 3 des Halbmondkillers soll die ehemalige Hotelbesitzerin Guilia (Uschi Glas) werden, die sich mit ihrem frisch angetrauten Mann Mario (Antonio Sabato) gerade auf Hochzeitsreise befindet. Der Täter wird gestört, wähnt die überblendende Giulia allerdings tot, die sich auf Anraten der Polizei nun bis auf weiteres aus der Öffentlichkeit zurückzieht.
Der silberne Halbmond und die Tatsache, dass ihr eines der vorigen Opfer bekannt vorkommt, weckt jedoch eine Erinnerung in Guilia: Ein Hotelgast, der Jahre zuvor bei ihr logierte, hatte einen Schlüsselanhänger in dieser Form. Gemeinsam mit Mario findet sie heraus, dass die beiden toten Frauen damals ebenfalls als Gast beziehungsweise als Angestellte in dem Hotel waren. So ergibt sich fast zwangsläufig die Vermutung, dass die Gästeliste von damals der Todesliste von heute entspricht.
Trotz dieses Wissens und der Überwachung der vermeintlich nächsten Opfer scheint der Täter, der Polizei stets einen Schritt voraus zu sein, und es kommt zu weiteren Toten. Um dem Mörder eine Falle zu stellen, beschließt Giulia, wieder an die Öffentlichkeit zu treten und den Lockvogel zu spielen.
Passend zur 2017er Veröffentlichung von „Das Geheimnis der grünen Stecknadel“ bringt Koch Media nun auch den Nachfolger und letzten offiziellen Rialto-Wallace „Das Rätsel des silbernen Halbmonds“ in einer reich ausgestatteten Mediabook-Variante mit einer BD und zwei DVDs auf den Markt.
Wie der Vorgänger ist auch dieser Film mehr im Giallo zu verorten als im klassischen Edgar-Wallace-Film, dafür sorgt schon allein die ewige Stadt als Schauplatz der Handlung. Die Verwendung der ‚subjektiven Kamera‘ in den Mordszenen, und die Ausstattung des Killers mit den obligatorischen schwarzen Handschuhen tun ihr Übriges. Mit Umberto Lenzi war außerdem ein Regisseur am Werk, der später noch einige nennenswerte Beiträge zum Genre liefern sollte („Spasmo“, „Labyrinth des Schreckens“), neben zahlreichen Action-Krimis, Mondo-, Zombie- und Kannibalen-Filmen.
Hauptdarsteller Antonio Sabato kennt man vorwiegend aus Italo-Western. Als deutscher Edgar-Wallace-Export darf hier Uschi Glas herhalten, der man die Italienerin nicht wirklich abnehmen will, die sich aber doch überraschend gut ins Ensemble einfügt.
Insgesamt hat man einen sehr ordentlichen Euro-Thriller auf dem Bildschirm, der mit dem okkult verzierten Schmuckstück, das bei den Mordopfern gefunden wird, einen mysteriösen Touch erhält. Die Ermittlungen werden parallel von der Polizei und dem jungen Ehepaar geführt, das durch die direkte Beteiligung Guilias ein ganz persönliches Interesse hat, die Identität des Mörders aufzudecken. Als Privatpersonen können Guilia und Mario auch über die Grenze des gesetzlich Erlaubten gehen und kommen dem Mörder damit deutlich effektiver auf die Spur als die offiziellen Ermittler. Im Vergleich zu einigen ähnlich gelagerten Streifen, bleiben die Privatermittlungen verblüffend bodenständig, logisch nachvollziehbar, und der Zufall wird nicht über Gebühr bemüht.
Ein Verdächtiger, der ehemalige Hotelgast Giulias, ist vergleichsweise schnell ausgemacht, doch führt diese Spur nur zu einem Grab. Mit dieser Wendung erhält die Story weiteren Anschub und entwickelt sich doch nicht so geradlinig, wie es zunächst den Anschein hatte. Dank einiger Beharrlichkeit wird das Motiv für die Mordserie aufgedeckt, und am Ende scheint der Täter den Freitod gewählt zu haben. Doch für Mario sind noch zu viele Fragen offen, sodass es zu einem beinahe Western-artigen Duell zwischen ihm und dem Täter kommt.
Insgesamt überzeugt „Das Rätsel des silbernen Halbmonds“ mit einer stringenten und straffen Story, die gleichzeitig einige wirkungsvolle Überraschungsmomente und Spannungshöhepunkte im Gepäck hat. So darf man den Film als unleugbar souverän und kurzweilig bezeichnen, doch weniger abgründig und damit weniger intensiv als „Das Geheimnis der grünen Stecknadel“.
Inwieweit die Geschichte tatsächlich auf Edgar-Wallace-Elementen basiert oder ob der Film nur dieses Verkaufsetikett trägt, lässt sich wohl nicht herausfinden. Überhaupt schadet es nicht, sich bei Begutachtung des Films gedanklich von dem Wallace-Etikett und der Erinnerung an die klassischen, rein deutschen Produktionen zu lösen.
Als Motiv-Vorlage wird mancherorts auch Cornell Woolrichs „Rendezvous in Schwarz“ genannt, was zwar zu dem Beweggrund für die Mordserie passt, sonst aber reichlich weit hergeholt ist.
Koch Films bietet in dieser Edition die „Langfassung“ des Films mit einigen nicht-synchronisierten Szenen (mit Untertiteln versehen), die den Film tatsächlich runder machen.
„Das Rätsel des silbernen Halbmonds“ ist eine reich bestückte HD-Edition eines sehenswerten Giallo-Klassikers. Mehr kann sich der Fan nicht wünschen.