Jörg Kleudgen & Uwe Voehl: Stolzenstein (Buch)

Jörg Kleudgen & Uwe Voehl
Stolzenstein
H.P. Lovecrafts Schriften des Grauens 4
Titelbild: Mark Freier
Innenillustrationen: Jörg Kleudgen
Blitz, 2018, Taschenbuch, 138 Seiten, 12,95 EUR (auch als eBook erhältlich)

Rezension von Elmar Huber

Der Schriftsteller Gero Klueger ist einigermaßen überrascht, dass ihm Wulf Loeve sein Haus in Stolzenstein hinterlassen hat. Jahre zuvor hatten sich die beiden Männer, die eng befreundet waren, derart überworfen, dass der Kontakt vollständig abbrach. Klueger, der seine Schriftstellerei aus Leidenschaft betreibt, fährt mit seinen phantastischen Erzählungen nur bescheidenen Erfolg ein. Während er gar keine Ambitionen hegt, sich zu verbiegen, um einen großen Leserkreis erreichen zu wollen, hat Loeve in den Augen des Freundes sein Talent ‚verkauft‘, um wie eine Maschine Kiosk-Massenware in allen gängigen Genres zu schreiben.

Stolzenstein nimmt Klueger immer mehr in Beschlag. Die Ortschaft scheint beinahe menschenleer, die wenigen Bewohner, die er wiederholt trifft, wirken befremdlich; der Schriftsteller fühlt sich sogar im eigenen Haus verfolgt und beobachtet. Auch Loeves letzte Roman-Recherchen geben Rätsel auf: Lateinische Texte und Runen, die mit einer nahegelegenen historischen Stätte in Zusammenhang stehen, Andeutungen von Hexerei, Informationsquellen, die plötzlich nicht mehr auffindbar sind und Worte in einem unverständlichen Kauderwelsch, von denen Loeve regelrecht besessen schien. Gemeinsam mit einer alten Freundin beginnt Klueger, die Geheimnisse um Stolzenstein und Loeves Tod aufzudecken.


Für den Leser, der bereits mit den Autoren und ihren Werken vertraut ist, bietet „Stolzenstein“ wenig Neues. Besonders Jörg Kleudgens „Saburac“ (Goblin Press, 2013, überarbeitet auch als „German Gothic –-Das Schloss der Träume“, bei Bastei Lübbe erschienen) kommt bei der Lektüre in Erinnerung; auch einige Erzählungen von Michael Siefener („Die magische Bibliothek“), die ebenfalls den Topos des menschenscheuen Protagonisten bedienen, der auf fremdem Terrain in einen Strudel unerklärlicher und surrealer Ereignisse gezogen wird, lokale Folklore inklusive.

Wer ein Freund dieser Art entrückter Erzählungen ist, erlebt auch hier keine Enttäuschung. Die befremdlichen Ereignisse um die Hauptfigur entwickeln eine unbehagliche und doch betörende Wirkung, die den Leser zusammen mit Klueger immer weiter in ihren Bann ziehen. Fast scheint es, als würde Loeve noch im Hintergrund agieren und die Geschicke des einstigen Freunds aus dem Verborgenen lenken. Finale und Auflösung wirken gegen das ansonsten bedächtige Erzähltempo etwas eilig und lassen die bis dahin beinahe hypnotische Stimmung kippen.

Die Namen Gero Klueger und Wulf Loeve weisen (mit einigen Buchstabenumstellungen) wohl nicht zufällig Ähnlichkeiten zu den echten Autorennamen auf. Während Jörg Kleudgen tatsächlich einen in Liebhaberkreisen hoch geschätzen „Amateur“-Verlag betreibt und in Kleinverlagen veröffentlicht, gehört Uwe Voehl unter anderem zum Autorenstab der „John Sinclair“-Romane.

Das Taschenbuch ist exklusiv beim Verlag erhältlich, das eBook auf allen gängigen Portalen.

„Stolzenstein“ ist ein stimmungsvoll entrückter Mystery-Roman; auf augenzwinkernde Weise autobiographisch.