Lynn Viehl: Im Bann der Träume – Darkyn 2 (Buch)

Lynn Viehl
Im Bann der Träume
Darkyn 2
(Private Demon – A Novel of the Darkyn, 2005)
Aus dem Amerikanischen von Katharina Kramp
Titelgestaltung von HildenDesign/Ramona Popa unter Verwendung mehrerer Motive von Shutterstock
Lyx, 2010, Taschenbuch mit Klappenbroschur, 394 Seiten, 9,95 EUR, ISBN 978-3-8025-8268-4

Von Irene Salzmann

Die amerikanische Autorin Sheila Kelly bedient sich zahlreicher Pseudonyme, unter denen sie Romane verschiedener Genres schreibt. Als Lynn Viehl veröffentlicht sie hauptsächlich phantastische Bücher, mit mehr oder minder starker Gewichtung des romantischen Elements. Ihre „Darkyn“-Saga, die derzeit sieben Bände umfasst (in Deutschland soll der dritte im Februar 2011 erscheinen), fällt in die Rubrik Romantic Mystery und wartet mit einigen erotischen Momenten auf.

Nach „Versuchung des Zwielichts“ ist „Im Bann der Träume“ der zweite in sich abgeschlossene Roman der „Darkyn“-Reihe. Man kann ihn problemlos lesen, wenn man das erste Buch nicht kennt, da hier andere Charaktere im Mittelpunkt stehen, findet sich aber, sofern man die richtige Reihenfolge der Lektüren beibehält, leichter zurecht, da die Handlung chronologisch an die Vorgeschichte anknüpft und immer wieder Bezug auf zurückliegende Ereignisse genommen wird.

Jema Shaw leidet an Juveniler Diabetes. Um sich abzulenken, stürzt sie sich in ihre Arbeit im Museum und als forensische Beraterin der Polizei von Chicago. Schon seit Jahren sucht Jema nach einem Artefakt, das ihr Vater bei Ausgrabungen entdeckte und angeblich an den offiziellen Stellen vorbeischmuggelte. Zu gern würde sie seinen Namen reinwaschen von allen Beschuldigungen, aber die Zeit läuft ihr davon, und zu allem Überfluss ereignen sich seltsame Dinge, angefangen bei fehlenden Kisten, in denen sich das Objekt befinden könnte, über Angriffe auf Museumsangestellte – Jema eingeschlossen –, bis hin zu düster-erotischen Träumen, in denen ihr ein faszinierender Mann erscheint.

Jema ahnt nicht, dass der Unbekannte, der in ihr ungeahnte Sehnsüchte weckt, real ist, sie im Schlaf besucht und sogar ihr Blut trinkt: Thierry Durand ist ein Vrykolaka beziehungsweise Darkyn (dark kin = dunkler Verwandter), ein Mensch, der durch ein Virus mutierte und als eine Art Vampir zurück in ein nahezu ewiges Leben kehrte. Die Verbrechen seiner Frau trieben ihn an den Rand des Wahnsinns, und nachdem er Dr. Alexandra Keller, die Sygkenis (unterwürfige Gefährtin) seines Herrn Michael Cyprien in Unkenntnis der Situation bedrohte, befindet er sich auf der Flucht vor seinesgleichen, die ihn töten wollen.

Auch Michael und Alexandra halten sich in Chicago auf, um einige Nachforschungen anzustellen. Ihr Gastgeber Valentin Jaus interessiert sich auffallend für Jema und versucht, sie zu beschützen. Er weiß nicht, dass die Verräter längst seine Leute infiltriert haben und seine Besucher sterben sollen...

„Im Bann der Träume“ wartet mit mehreren Handlungsebenen, zahlreichen Charakteren und Konflikten auf, die alle miteinander verwoben sind. Bis die Zusammenhänge nach und nach aufgedeckt werden, liest sich das Buch stellenweise etwas verworren, so dass man sich wünscht, die Autorin hätte auf einige Nebenhandlungen verzichtet, um den roten Faden und die zugrundeliegenden Auseinandersetzungen mit dem mysteriösen Orden deutlicher auszuarbeiten. Auch finden die Charaktere stets Zeit für ihre amourösen Plänkeleien, egal wie groß die Gefahr ist, in der sie gerade schweben. Die entsprechenden Szenen sind deftig und überlassen nichts der Phantasie. Zwar würzen sie nur die phantastische Handlung, aber man merkt, dass ihnen das Hauptaugenmerk der Autorin gilt.

Die Protagonisten bleiben leider etwas blass, vor allem Thierry, von dessen zerrissenem Wesen man sich mehr erhofft hatte. Daran, dass ihm und Jema ein Happy End vergönnt sein würde, bestand keinen Moment lang ein Zweifel. Die Frage galt allein dem Wie, die mit dem Rätsel um Jemas Familie und der seltsamen Ausprägung der Diabetes verknüpft wurde. Auch die Verräter überraschen nicht, denn noch immer greifen die amerikanischen Autoren, wenn ihnen gar nichts mehr einfällt, gern auf Nazis, arische Theorien und fehlgeleiteten Kadavergehorsam zurück. Obwohl die Geschichte der beiden Hauptfiguren nun (weitgehend) abgeschlossen ist, bleiben genügend Fragen offen, denn Alexandras Bruder ist erneut verschwunden, Valentin sucht noch immer nach seiner Sygkenis, der Konflikt mit der Bruderschaft und die Suche nach einem Heilmittel für die Darkyn wird die nächsten Bände bestimmen.

Ist man ein Romantic-Mystery-Fan und schätzt man Vampire der etwas anderen Art, wird man der Reihe „Darkyn“ gewiss gern eine Chance geben wollen. Die Autorin verbindet eine komplexe Handlung mit ihrer eigenen Spielart einer Blutsauger-Gesellschaft und viel Romantik beziehungsweise Erotik. Mag man Serien wie Lori Handelands „Phoenix-Chroniken“, Lara Adrians „Midnightbreed“ oder J. R. Wards „Black Dagger“, wird man sicher auch mit den „Darkyn“ viel Spaß haben.