Margit Ruile: Der Zwillingscode (Buch)

Margit Ruile
Der Zwillingscode
Loewe, 2021, Paperback, 320 Seiten, 14,95 EUR (auch als eBook erhältlich)

Rezension von Christel Scheja

Margit Ruile studierte an der Münchener Filmhochschule, drehte Dokumentationen und arbeitete auch als Drehbuchlektorin. Irgendwann entdeckte sie so ihr Talent und die Lust am Schreiben, wie sich nun auch an ihrem Debüt-Roman „Der Zwillingscode“ zeigt.


Im Jahr 2058 hat sich die Welt stark verändert. Künstliche Intelligenz hat die Welt fest im Griff und steuert die Menschen. Hoch entwickelte Technik ist überall zu finden, auch bei den Haustieren. Und letztendlich werden die Sterblichen auch kontrolliert - jede ihrer Aktionen werden mit Sozialpunkten belohnt oder bestraft und die Gesellschaft in Klassen eingeteilt.

Mehr schlecht als recht schlägt sich Vincent mit seinem Doppel-C-Sozialstatus durch. Er wäre intelligent genug, zu studieren, aber das geht nicht. So hält er sich mit dem heimlichen Reparieren von sogenannten „Copypets“ über Wasser, künstlichen Haustieren, die den Lebenden in nichts nachstehen. Bis zu dem Tag, an dem eine alte Frau ihre Katze zu ihm bringt.

Diese ist anders und die aus der Reparatur entstehenden Fragen bringen Vincent dazu, seine Nase in Geheimnisse zu stecken, die ihn mehr betreffen als er denkt. Und der dünnen Spur zu folgen, die er nun entdeckt, könnte ihn so Einiges kosten - auch sein Leben.


In einer Welt, in der sich immer mehr Menschen auf die Digitalisierung, weltweite Vernetzung und nicht zuletzt auch künstliche Intelligenz verlassen, denken Autoren natürlich einen Schritt weiter und spinnen sich Szenarien zurecht, die möglich, spannend und leider auch beängstigend sind.

Tatsächlich beruht die Sozialpunkte-Idee auf einem realen Hintergrund: In China wird dies bereits entsprechend angewendet und nimmt beängstigende Züge an. Vielleicht hat sich die Autorin auch davon inspirieren lassen und das auf Deutschland übertragen.

Aber das ist nicht alles, auch künstliche Intelligenz kann sich weiterentwickeln und ein düsteres Eigenleben entwickeln. Hier deutet die Autorin an, lässt die letzten Worte unausgesprochen - aber die Beklemmung wächst.

Vincent ist der junge Außenseiter, der gar nicht die Gelegenheit hatte, sich in irgendeiner Form anzupassen. Zusammen mit ein paar guten Freunden kommt er nach und nach hinter das düstere Geheimnis, das seine Welt im Klammergriff hält.

Sicherlich hätte Margit Ruile das Szenario noch düsterer und brutaler machen, noch mehr Facetten einbringen können - aber sie findet mit ihrer Geschichte den richtigen Ton, um auch jüngere Leser in den Bann zu schlagen und ein wenig zum Nachdenken zu bringen, denn einige Entwicklungen sind durchaus nachvollziehbar, böse und beängstigend.

Die Figuren sind „einfach gestrickt“, helfen aber dabei, sich auf das Wesentliche, den Inhalt, zu konzentrieren. Allein das Ende enttäuscht, weil es viele Fragen offenlässt und man das Gefühl hat, dass die Handlung durchaus noch hätte weitergehen könnte.

„Der Zwillingscode“ greift auf spielerische Weise ein Szenario auf, das in gewissen Bereichen schon Wirklichkeit ist und sich durchaus in diese Richtung weiterentwickeln könnte, wenn man nicht aufpasst. Unterhaltsam, ohne erhobenen Zeigefinger und mit einer spannenden Handlung versehen können sich schon junge Fans in den Bann schlagen lassen und vielleicht ins Nachdenken kommen.