Alan Moores Cinema Purgatorio präsentiert: Code Pru (Comic)

Alan Moores Cinema Purgatorio präsentiert: Code Pru
(Cinema Purgatorio - Code Pru, 2016)
Text: Garth Ennis
Titelbild und Zeichnungen: Raulo Cáceres
Übersetzung: Jens R. Nielsen
Dantes, 2020, Hardcover, 248 Seiten, 29,00 EUR

Rezension von Elmar Huber

Prudence „Pru“ Slapweather tritt ihren Job bei den New Yorker Rettungskräften an, ohne zu wissen, auf was sie sich dabei einlässt. Bei ihren Einsätzen mit ihrem Kollegen Eric ist ein Vampir mit Selbstmordabsichten noch das Harmloseste.


Autor Garth Ennis plündert für seine Ersthelfer-Horror-Filmfreak-Serie alles, was im Kino der Phantastik Rang und Namen hat: „Frankenstein“, „Alien“, „Terminator“, „Jurassic Park“, „Predator“, „King Kong“, „Das Ding aus einer anderen Welt“ und so weiter. Einsätze also, die nicht nur das medizinische Wissen der Ersthelfer herausfordern, sondern auch nach unkonventionellen Maßnahmen verlangen.

„Code Pru“ erschien im Original als Teil der Anthologie-Serie „Alan Moore’s Cinema Purgatorio“, die sich vom Phantastischen Kino inspirieren lässt und in der pro Band mehrere Einzel-Episoden verschiedener Serien gesammelt sind. Beim Dantes Verlag erscheint jede Serie zusammengefasst in einem eigenen Band.

„Code Pru“ ist bestimmt kein schlechter Anfang, so wie sich Star-Autor Garth Ennis („Preacher“, „The Boys“) durch die phantastische Kinolandschaft vergangener Jahrzehnte fräst. Dabei schafft er das Kunststück, dass die Figuren und Motive mehr als deutlich erkennbar bleiben und sich doch in die große „Code Pru“-Story einfügen. Alles in einer begnadeten Mischung aus spürbarer Verehrung und schnoddriger Respektlosigkeit. Die Episoden haben je eine knackige Länge von 8 Seiten und damit kaum Fett auf den Rippen.

Um nicht eine reine Nummern-Revue abzuliefern, hat Ennis auch eine Backstory ersonnen, in der er zum Beispiel das gerne verwendete Motiv des überstrengen, frommen Elternhauses auf den Kopf stellt: Ihre Kindheit verbrachte Pru im Haus zweier militant alternativer Hardcore-Goths, die jegliche bürgerliche Anwandlungen ihrer Tochter im Keim zu ersticken suchten. Auch Prus Rettungsdienst-Vorgesetzter benimmt sich reichlich undurchsichtig und spielt gern mal im Keller mit einem Tentakel-Monster Monopoly, während im Käfig nebenan eine Alien-Königin unaufhörlich Eier legt.

Die künstlerische Umsetzung wurde von Raulo Cáceres („Crécy“, „Captain Swing“; beide bei Dantes erschienen) übernommen, der hier mehr als beeindruckt und mit den harten Schwarzweiß- (Tusche-) Zeichnungen eine extrem dichte Atmosphäre schafft. Wer sich noch an „Faust“ oder „Gothic Nights“ (dt. um das Jahr 2000 bei Extrem Erfolgreich Enterprises) von Zeichner Tim Vigil erinnern kann, der hat damit eine Vorstellung, was ihn optisch erwartet.

Zu guter Letzt liefert Jens R. Nielsen noch einen Leser-Service, den es viel öfter geben sollte: Auf ein bis zwei Extraseiten (zu jeder Story!) geht der Übersetzer sehr informativ auf die Insider-Anspielungen ein, die Ennis in die Texte gepackt hat, auf die sprachlichen Feinheiten des Originals und wie er bei der Übersetzung damit umgegangen ist.

Die letzten Seiten zeigen noch einige Cover-Motive, die wiederum auf geniale Weise Genre-Motive ‚parodieren‘: „Alarm im Weltall“, „Sleepy Hollow“, Cthulhu etc.

Auch was die Haptik und Verarbeitung betrifft, muss sich „Code Pru“ keinesfalls verstecken: Hochwertiges Papier, stabile Hardcover-Bindung, schwarzes Vorsatzblatt. Ein sehr schmucker Band.

„Code Pru“ ist ein extrem erfrischendes Fest für Phantastik-Fans im allgemeinen und Film-Freaks im Besonderen. Gleichzeitig Huldigung und Parodie des Genre-Kinos im Garth-Ennis-Stil.