Ed McDonald: Der Sturz des Raben - Schwarzschwinge 3 (Buch)

Ed McDonald
Der Sturz des Raben
Schwarzschwinge 3
(Crowfall, 2019)
Übersetzung: Ruggero Leò
Blanvalet, 2021, Paperback, 542 Seiten, 16,00 EUR (auch als eBook erhältlich)

Rezension von Carsten Kuhr

Sechs Jahre ist es nun her, dass Ryhalt Galharrow, Kommandant der Rabenschwingen, Agent eines Gottes, Held und Retter von Valengrad sich in die Einöde des sich ständig verändernden Elends zurückgezogen hat.

Allein und verlassen lebt er dort in einem Haus, das von den unbegreiflichen Kräften die hier toben jeden Tag in der Zeit um einen Tag zurückgesetzt wird. Zwischenzeitlich kennt er jedes Staubkörnchen, die Suppe und den angefangenen Stumpfen, die er immer von Neuem genießt, reißen ihn nicht mehr wirklich vom Hocker. Seit Jahren nun nimmt er ein wenig mehr von dem besonderen Fluidum des Elends in sich auf, hortet die desaströse Kraft der Vernichtung in sich, weiß er doch, dass er diese eines nicht allzu fernen Tages dringend benötigen wird.

Dass das Ende näher kommt bemerkt er daran, dass er angegriffen und verfolgt wird. Nun ist die Sache per se nicht ungewöhnlich - doch dieses Mal ist es ein Mensch, der mit seiner Steinschloss-Pistole auf ihn anlegt. Er ahnt, dass die Zeit des Wartens vorüber ist. Götter danken ab, verlieren sich im Nichts, Pläne werden geschmiedet, Intrigen in die Wege geleitet, Verrat geplant und der letzte Kampf vorbereitet - mittendrin Ryhalt und seine toten wie lebendigen - sich richtig zu unterscheiden sind beide Zustände immer weniger - Verbündeten an seiner Seite…


Grimdark Fantasy erfreut sich immer größerer Beliebtheit. Fans von Joe Abercrombie und Anthony Ryan suchen entsprechendes Lesefutter - und werden bei Ed McDonald fündig.

Nach einem fulminanten Auftakt im ersten Teil der Trilogie, in der er uns seine Welt - endlich einmal keine mittelalterliche Gesellschaft sondern eine Zivilisation am Rande der Industrialisierung -, seine Figuren inklusive des Ich-Erzählers und die Konflikte vorgestellt hat, nahm er im Mittelband zunächst das Tempo etwas zurück. Es schmiss seine Figuren immer wieder vom Neuen tief hinein in die sprichwörtliche Scheiße, ließ so manche davon über den Jordan gehen - heile Welt geht anders.

Doch ist es ja gerade dies, die realistische Darstellung des Leidens, der Schmerzen und Verluste, die die besten der Grimdark-Fantasy-Werke auszeichnen. Und Ryhalt leidet. Zwei große Lieben hat er verloren und er kann dafür nur sich selbst verantwortlich machen. Gezeichnet vom und ausgeliefert dem Rabentattoo aus seiner freiwillig eingegangenen Verpflichtung mit einem der vier, theoretisch die Welt beherrschenden Götter, sollte er eigentlich an der Spitze der Machtpyramide stehen. Dem ist, wie kann es anders sein, natürlich nicht so. Kaum, von Attentätern gejagt, zurück in seiner Stadt, wird er verfolgt. An jeder Ecke hängen Steckbriefe von ihm, er wird eingekerkert, gefoltert und soll hingerichtet werden. So geht Valengrad mit seinen Helden um.

Kein Wunder, dass seine Psyche angeknackst ist. Gezeichnet von Jahren im Elend, allein, verlassen, heimgesucht sowohl von Erinnerungen als auch Schuld und geplagt von Visionen und Angriffen, ist er am Rande des Zusammenbruchs.

Ist er überhaupt noch zurechnungsfähig, ist er verrückt, bildet sich die Heimsuchungen nur ein? Fragen, die auf ihn abgefeuerte Stücke Blei zumindest in einer Hinsicht recht eindeutig beantworten.

Ähnlich wie bei Ihm geht es uns bei den alten, wie neuen handlungsrelevanten Figuren. Immer wieder ziehen uns diese mit ihren jeweiligen Besonderheiten, ihren Schicksalen und ihrer jeweiligen Leidensgeschichte in den Plot. Dazu kommen interessante Gegenden, die unser Erzähler mal weitgehend aus eigenem Antrieb, dann wieder gezwungenermaßen bereist. Hier erfahren wir mehr über Verbündete und Gegner, und nicht zuletzt über die beiden großen Opponenten, deren Krieg droht, die Welt zu vernichten. Das Finale ist dann sehr ausführlich angelegt, bietet noch einmal großes Kopfkino mit Wendungen, Verrat und Heldentum satt.

So ist dies über die ganzen drei Bücher hinweg eine Saga, die die Fans der dunkleren, dreckigeren Art der Fantasy begeistern wird. Die Personen sind markant, die Handlung, wenn auch im Finale ein ganz klein wenig zu ausführlich ausgearbeitet, packend, die Welt ungewöhnlich.