Jack Ketchum & Lucky McKee: Ich bin nicht Sam (Buch)

Jack Ketchum & Lucky McKee
Ich bin nicht Sam
(I’m not Sam, 2012)
Übersetzung: Thomas Schichtel
Titelbild: Arndt Drechsler
Festa, 2019, Hardcover, 174 Seiten, 18,99 EUR (auch als eBook erhältlich)

Rezension von Carsten Kuhr

Patrick und Sam haben ein kleines Anwesen im Grünen, in dem Patrick, der beruflich Comics zeichnet, seine Ruhe und Muse findet. Seine Frau arbeitet im Leichenschauhaus der nächstgelegenen Stadt, ansonsten führen sie eine glückliche, harmonische Ehe.

Bis Patrick eines Nachts von einem Geräusch geweckt wird. Jemand, von der Stimme her ein Kind, wimmert. Als er nachschaut findet er seine Frau in der Ecke eines Zimmers gekauert, hilflos und verzweifelt vor sich hin weinend. Sie hat keine Erinnerungen an ihr Leben, bezeichnet sich selbst als Lily und behauptet gerade einmal fünf Jahre alt zu sein.

Ärztliche Untersuchungen bringen nichts, Patrick versucht die Frau, die er liebt, als Kind zu behandeln und zu versorgen. Spielzeug wird gekauft, doch die Verzweiflung und die Einsamkeit in Patrick wachsen - schließlich ist er ein Mann mit Bedürfnissen und sie eigentlich seine ihm angetrauten Frau…

 

Zum Auftakt der neuen Reihe „Festa Spezial“ legt Frank Festa ein ebenso anrührendes, wie erschreckend real wirkendes Stück Prosa vor. Eine Novelle nebst der  fortsetzenden Kurzgeschichte erwartet den Leser, die ganz im Hier und Jetzt angesiedelt den Leser in ihren Bann zieht.

Es geht um einige schwierige Thema: Selbstbestimmung, Verantwortung für Minderjährige, Lust, das Respektieren von Grenzen und nicht zuletzt um die Verantwortung für Anvertraute - seien es Kinder oder Erwachsene.

Das ist harter Tobak, zumal uns die Autoren, so kurz der Text auch ist, die Situation sehr anschaulich schildern. Man kann als Leser die Gefühle, allen voran die Hilflosigkeit der sich Patrick ausgesetzt sieht, nachvollziehen, kann verstehen wie er innerlich an seinem Los verzweifelt. Das verstört den Leser weit mehr, als es jede plakative Blut- und Gore-Szene es könnte. Hier zeigt sich der alltägliche Horror, der weit erschreckender ist, als ihn sich viele Autoren ausdenken können.

Insoweit ist dies eine Novelle, die erschreckt, die berührt und betroffen macht - wahrlich nicht das Schlechteste, was man über ein Buch sagen kann.