Götterdämmerung 1: Der Fluch der Nibelungen (Comic)
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- Kategorie: Rezensionen
- Veröffentlicht: Samstag, 21. August 2010 12:44
Götterdämmerung 1
Der Fluch der Nibelungen
(Le Crepuscule de Dieux: La Malédiction des Nibelungen)
Text: Nicolas Jarry
Artwork: Djief (Jean-Francois Bergeron)
Übersetzung: Tanja Krämling
Lettering: Delia Wüllner-Schulz
Splitter, 2010, Hardcover, 56 Seiten, 13,80 EUR, ISBN 978-3-86869-132-0
Frank Drehmel
Zeichneten für das Prequel der Reihe, das in der offiziellen Zählung (zurecht) mit der Null belegt wurde, andere Comic-Schaffende – Istin, Lemercier und Mouclier – verantwortlich, so steigen in „Der Fluch der Nibelungen“ mit Jarry und Djief die eigentlichen kreativen Köpfe hinter der Serie in die Story ein.
Der alte Schwerenöter Odin wandert, nachdem er den verfluchten Ring auf Ratschlag Erdas Fafner aushändigte, sinnierend und Zerstreuung suchend durch Midgard. Und was zerstreut einen nachdenklichen Gott effektiver als das Poppen irdischer Maiden, selbst wenn die Alte in Walhalla, Fricka, nicht sehr amused ob des außerehelichen GVs ist? Das Schwängern eben dieser Maiden! Ein paar Jahre später hüpft ein blondes Zwillingspärchen – Siegmund und Sieglinde – über die Zinnen einer von den Hunnen belagerten Burg des Königs von Xanten. Es dauert nicht lange, bis unter dem Ansturm der Heerscharen König Siggeirs die Festung der Wölsungen fällt und die beiden Siggis in Gefangenschaft der Eroberer geraten. Siggeir wiederum wird bei dieser Gelegenheit unheimlich spitz auf Sieglinde und will sie trotz einer unheilvollen Prophezeiung zur Ehe zwingen, wobei er ihren Bruder als Druckmittel zu verwenden gedenkt. Etwas später, als die Hunnen mal wieder üblen Schabernack mit dem angeketteten Siegmund treiben, taucht Odin vor Ort auf, treibt ein Schwert in einen Baumstumpf und verkündetet den versammelten Mannen, dass derjenige dieses Klinge schwingen wird, der ihr einen Namen gibt. Zugleich ereilt Siegmund eine Vision, in der er Odin als seinen Vater erkennt und ihn um Eintritt in Walhalla ersucht. Kaum hat der Gott dem Jüngling dessen Bitte abgeschlagen, rammelt der im gegenseitigen Einvernehmen seine Schwester und schiebt ihr – ganz der Vater – einen Braten in die Röhre. Das wiederum bekommt Siggeir mit, ist darüber nicht sonderlich erbaut und will Sieggi hinrichten. Wie der Zufall und seine Schwester es wollen, gelingt es dem Blondgelockten, das Schwert aus dem Baum zu zupfen, indem er dessen Namen – Nothung – nennt. In den folgenden Zweikampf zwischen Siegmund und Siggeir greift Odin zugunsten des Hunnen ein, weil oben in Asgard zwischenzeitlich Fricka den Tod der beiden Inzest treibenden Odin-Sprosse fordert. Siegmund stirbt, Siggeir gleich mit, Sieglinde flieht geschwängert in die eisigen Wälder und aus die Maus … vorerst.
War der Auftaktband der Albenreihe storyseitig so episch, düster und mitreißend wie der Besuch von Tante Erna aus Oer-Erkenschwick, so stimmte hier immerhin noch das Artwork den enttäuschten Leser versöhnlich. Dieses fällt mit nun mit Band 1 leider auch flach: die Story bleibt trotz der geänderten Autorenschaft eine spröde Aneinanderreihung einzelner Szenen, bei der man beständig das Gefühl hat, Jarry arbeitet die Ereignisse wie auf einer Einkaufsliste ab; ohne visionäre und sprachliche Kraft oder wenigstens Originalität widmet sich der Autor einem Stoff, den er zu keinem Zeitpunkt wirklich beherrscht, dem er daher auch keine Frische verleihen kann. Bedauerlicherweise kommt das Artwork diesmal genauso muffig und verstaubt wie die Geschichte selbst daher: während die Koloration so aufregend wie eine Präsentation von Sammelpuppen auf einem Homeshopping-TV-Kanal ist, fehlt es den Bildern zeichnerisch an Dynamik – zwar nicht zur Gänze, aber doch in weiten Teilen. Das Verstörendste – ja, Unerfreulichste – sind jedoch die Gesichter sämtlicher Protagonisten, die trotz aller rudimentärer Mimik stets einen überwältigend gelangweilten Ausdruck tragen.
Fazit: Die verstaubte, uninspirierte Story und das visuell langweilige Artwork lassen zwar keine Götter dämmern, aber immerhin den Leser. In diesem Sinne: wer Einschlafprobleme hat, kann bedenkenlos einen Blick riskieren.