Christian von Aster: Ein Brief vom Keilerstein (Buch)

Christian von Aster
Ein Brief vom Keilerstein
Titelbild und Innenillustrationen: Holger Much
Buchheim, 2019, Hardcover, 128 Seiten, 15,99 EUR, ISBN 978-3-946330-09-7 (auch als eBook erhältlich)

Rezension von Carsten Kuhr

Es ist schon eine Krux mit unserem modernen Gesundheitswesen. Der Fokus ist ganz klar darauf gerichtet, mittels der teuren aber lukrativen Geräte-Medizin den Körper zu heilen; der Mensch selbst, gleich ob Patient oder Heiler, bleibt dabei allzu oft auf der Strecke. In der Gemengelage aus wirtschaftlichen Lobbyismus, finanziellem Druck und terminlichen Engpässen predigt seit Jahrzehnten ein Professor Dr. Erwin Sternhammer eine ganz andere Herangehensweise.

Seine Schriften, alle längst nicht mehr aufgelegt und auch antiquarisch kaum zu bekommen, waren revolutionär in ihrer Sicht- und Herangehensweise und beeinflussten ganze Generationen von Medizinstudenten, bis es Ende der 60er Jahre zum Eklat kam. Dr. Sternhammer wurde die Approbation entzogen, seine Versuche am lebenden Menschen waren ein Skandal. Seitdem ist der Doktor verschollen, man munkelt, dass er irgendwo, abgeschieden von der Welt, noch forscht und praktiziert.

Beeindruckt von Sternhammers Visionen der Verbindung von Chirurgie und spirituellem Inhalt sucht Bernhard den Kontakt, um bei seinem Idol seine Assistenzzeit abzulegen. Der Weg führt ihn in den tiefsten Schwarzwald, genauer nach Keilerstein. In einem Brief an einen Jugendfreund und Kommilitonen berichtet er von der Klinik, seinem dortigen Aufenthalt und schließlich, dem Treffen mit seinem Idol - das so einige Überraschungen und traumatische Merkwürdigkeiten für unseren Assistenzarzt bereit hält .


Der Buchheim Verlag hat sich mittlerweile, obwohl noch nicht so lange auf dem Markt, als vorzügliche Adresse für handwerklich mustergültig gemachte Bücher der dunklen Phantastik einen Namen gemacht. Dabei brachte Herausgeber und Verlagsinhaber Olaf Buchheim bislang ausschließlich Übersetzungen aus dem Amerikanischen.

Nun also legt er ein erstes, dünnes Buch eines einheimischen Verfassers vor. Christian von Aster ist dem Kenner der Materie als humorvoller Phantastik-Autor bekannt, dessen Werke sich in keine Schublade einordnen lassen. Und das ist gut so; skurrile, groteske Fantasy-Märchen sind hier ebenso anzutreffen wie Völker-Romane der etwas anderen Art, Reime ebenso wie Zyklen.

Nun legt er, ganz passend zum Verlagshaus, eine Horror-Novelle vor, die es in sich hat. Neben der Handlung, die sich im Brief an den Freund so langsam vor den Augen des Lesers entfaltet, die dunklen Geheimnisse zögerlich preisgibt, wird der Plot auch optisch wunderbar vom Illustrator Holger Much in zahlreichen kongenialen Zeichnungen bildlich umgesetzt.

Geschickt bauen sie beide, Hand in Hand, eine Atmosphäre des Unwirklichen, des zunehmenden Grauens auf, die den Leser in ihren Bann zieht. Dabei schocken Autor und Illustrator nicht, wie inzwischen so en vogue, mit plakativem Gore, sondern schaffen durch und mittels Andeutungen ein Gefühl der Bedrohung und des Schreckens.

Stilistisch gewohnt versiert, optisch wunderbar umgesetzt wartet so ein wahres Schmankerl auf den Freund der dunklen Phantastik.