Androiden 2: Glücklich wie Odysseus (Comic)

Oliver Peru
Androiden 2
Glücklich wie Odysseus
(Androides Volume 2: Heureux qui comme Ulysse, 2016)
Übersetzung: Swantje Baumgart
Titelbild und Zeichnungen: Geyser
Splitter, 2017, Hardcover, 52 Seiten, 15,80 EUR, ISBN 978-3-95839-569-5

Rezension von Elmar Huber

Im Jahr 2426 verlässt die ISS „Oxygen“ mit einer Besatzung von 3600 Personen die Erde, um als Generationenschiff in einer 600 Jahre dauernden Reise die benachbarten Sonnensysteme zu besuchen. Während der Großteil der Mannschaft im Kälteschlaf liegt, in dem die Menschen pro 10 Jahre Reisezeit nur 1 Jahr altern, wird das Schiff von einer kleinen, wechselnden Crew betreut. Relativ schnell entwickelt dieser Mikrokosmos eine eigene Dynamik, und an Bord wird ein Kind geboren, das den Namen Odysseus erhält.

Als ein Meteoriten-Schauer nicht nur erhebliche Beschädigungen am Schiff, sondern auch den Tod von 97 Prozent der Passagiere verursacht, ist das Schicksal der ISS „Oxygen“ besiegelt. Eine Rückkehr nach Hause mit eingeschränktem Antrieb dauert mehrere hundert Jahre, so dass theoretisch Odysseus als Einziger in der Lage wäre, die Erde zu erreichen. Man entschließt sich für eine Rückkehr zur Erde und überlässt Odysseus‘ Wohl dem Erziehungsandroiden AC7+ und der Schiffsintelligenz Isabella.

Über 900 Jahre später landet die ISS Oxygen tatsächlich wieder auf der Erde. Einer Erde, auf der ein Großteil der Menschheit von einer Krankheit ausgerottet wurde, die nur einige Kinder überlebt haben, so dass sich der Entwicklungsstand der Menschheit rapide zurückentwickelt hat. Diejenigen, die die Landung des Raumschiffs beobachtet haben, halten AC7+ für einen Gott, dem sie wohlgesonnen sind. Doch es gibt auch noch einen Clan feindlicher Krieger, der von einem beschädigten Kriegsandroiden angeführt wird und ebenfalls die Landung der ISS „Oxygen“ beobachtet hat.


Olivier Perus „Androiden“-Beitrag „Glücklich wie Odysseus“ geht in eine unverkennbar andere Richtung als der „Blade Runner“ artige Vorgänger von Jean-Luc Istin. Und doch bezieht auch „Glücklich wie Odysseus“ seine größte Stärke daraus, dass die Maschinen auf einer emotionalen Ebene menschlich handeln und sogar das ‚Menschsein‘ erst ermöglichen.

So kristallisiert sich erst allmählich der Android AC7+, den man zunächst als Nebenrolle abgestempelt hat, als die eigentliche Hauptfigur der Erzählung heraus. Paradox mutet dabei die Tatsache an, dass nur eine Maschine in der Lage ist, nach tausend Jahren die Erde wiederzusehen und dass den einzigen echten Menschen an Bord gar nichts mit der Erde verbindet.

So wird ein künstlich geschaffenes Wesen zum Erzieher und Beschützer eines seiner Erschaffer und später sogar zum ‚Entwicklungshelfer‘ einer neuen Menschheit. Ein Rollentausch und eine philosophische Ebene, die glücklicherweise nicht überstrapaziert, sondern des Öfteren durch die Kabbeleien zwischen AC7+ und der eher nüchtern geprägten Bordintelligenz Isabella gebrochen wird. Auch die menschlich gestaltete Mimik von AC7+ trägt dazu bei, dass man den Androiden mehr und mehr als Mensch wahrnimmt.

Nachdem die ISS „Oxygen“ wieder auf der Erde gelandet ist, wendet sich das Szenario in eine Richtung, die deutlich abgegriffener wirkt. Die Auseinandersetzung der beiden Menschenstämme wirkt reichlich unmotiviert und ist auch recht schnell wieder vom Tisch.

Die Zeichnungen von Geyser („42  Iintergalaktische Agenten“) gehen okay, ein Wow-Effekt bleibt aus. Auchdie  Farbgebung ist sehr flach geraten.

Auch Folge 2 der Anthologie-Serie lebt von der Frage, ob sich die Grenze zwischen Mensch und Maschine tatsächlich nur auf technische Aspekte reduzieren lässt.