Melissa Marr: Gegen die Finsternis – Das Licht der Finsternis 2 (Buch)

Melissa Marr
Gegen die Finsternis
Das Licht der Finsternis 2
(Ink Exchange, 2008)
Aus dem Amerikanischen von Birgit Schmitz
Titelbild von Mark Tucker
Piper, 2010, Taschenbuch, 334 Seiten, 8,95 EUR, ISBN 978-3-492-25329-1

Christel Scheja

Schon einmal tauchte Melissa Marr in die magischen Gefilde der Anderswelt ein und erinnerte in „Gegen das Sommerlicht“ an die Tradition der ersten Urban-Fantasy-Autoren, die Helden und Schurken aus keltischen Sagen in der modernen Welt aussetzten und klar machten, dass Elfen und Feenwesen nicht unbedingt die zarten und harmlosen Libellengeschöpfe aus Kinderbüchern des frühen 20. Jahrhunderts oder Disney-Filmen sind.

In „Gegen die Finsternis“ steht allerdings nicht mehr Aslyn im Mittelpunkt des Geschehens, sondern Leslie. Diese stammt aus einer zerrütteten Familie. Die Mutter ist weggelaufen, die Kinder sind beim Vater, einem Alkoholiker geblieben. Weil auch ihr Bruder den Drogen verfiel, ist Leslie vor der Zeit erwachsen geworden. Sie jobbt neben der Schule als Kellnerin, um Geld für Miete und Essen ins Haus zu bringen und versucht, vor der Umwelt die Fassade einer glücklichen Familie aufrecht zu erhalten. Um sich selbst zu beweisen, dass ihr Körper immer noch ihr selbst gehört, auch nachdem sie vergewaltigt wurde, spart sie eisern, um sich ein besonderes Tattoo zu leisten. Sie ahnt nicht, dass Irial, der Herrscher des ‚Dunklen Hofes‘, dies für sich ausnutzt. Er sorgt dafür, dass das Tatoo mit einer besonderen Tinte gestochen wird. Dieses lässt eine magische Verbindung zu ihm entstehen, damit sie ihn und sein Volk mit Gefühlen wie Schmerz, Verzweiflung, Einsamkeit und Trauer ernähren kann. Doch auch Niall, der ehemalige Vertraute des Dunklen Königs, der jetzt eine tiefe Freundschaft mit Keenan vom Sommerhof pflegt, hat ein Auge auf Leslie geworfen und versucht, sie vor dem schleichenden Tod zu retten. Doch damit zieht er Leslie nur mit in den ewigen Widerstreit der beiden Feenhöfe ...

Wie schon im ersten Band gerät wieder einmal ein Menschenmädchen in den Bann der Elfen und zwischen die Fronten. Allerdings erhält Leslie wirkliche Zuneigung nur von einem Einzigen und muss erst einmal die Lügen erkennen, so dass dieses Buch insgesamt düsterer ist als das andere. Gekonnt spielt die Autorin dabei mit Versatzstücken aus britischen Feenmärchen und geht nicht gerade sanft mit ihrer Heldin um, verzichtet aber wenigstens in den Beschreibungen darauf, all zu explizit zu werden. Außerdem nimmt die Liebesgeschichte genug Raum ein, so dass trotz aller Grausamkeit auch eine Art von düsterer und melancholischer Romantik aufkommt. Dennoch erreicht der Roman nicht ganz die Güte seines Vorgängers, da sich Melissa Marr zuviel Zeit nimmt, um die Heldin einzuführen und dabei ein wenig zu dick aufträgt, denn es ist leicht zu erraten, dass Leslie nur deswegen die Auserwählte ist, weil sie aus einer zerrütteten Familie kommt und genug gelitten hat, während der dunkle Elfenhof so böse ist, dass er sich selbst immer wieder durch Intrigen behindert. Vieles in der Geschichte ist vorhersehbar, selbst wenn man die Sagen und Märchen nicht kennt, weil sich Vampire ähnlich verhalten; die Gefahren bleiben wie das Abenteuer eher oberflächlich. Leider trifft das ebenso auf die Figuren zu, denn sie wirken trotz aller Beschreibung blass und auf wenige Eigenschaften reduziert. Immerhin lässt sich die Geschichte flüssig lesen und ist weitestgehend holperfrei.

„Gegen die Finsternis“ ist wohl vor allem für die jungen Leserinnen interessant, die einerseits melancholische Geschichten mit geheimnisvollen Männern und düsteren magischen Kräften mögen und denen es andererseits nicht unbedingt auf ein besonderes Abenteuer ankommt, sondern mehr auf romantisches Geplänkel.