Das Schwarze Auge 114: Im Schatten der Dornrose, Bernard Craw (Buch)

Das Schwarze Auge 114
Im Schatten der Dornrose
Bernard Craw
Titelillustration von Arndt Drechsler
Karte von Ralf Hlawatsch & Björn Lensing
FanPro, 2009, Taschenbuch, 376 Seiten, 9,00 EUR, ISBN 978-3-89064-136-2

Christel Scheja

Mit „Todesstille“ lieferte Bernard Craw seinen ersten „DSA“-Roman ab, in dem er von düsteren Geschehnissen im Bornland berichtete. In seinem zweiten Buch wendet er sich einem ganz anderen Thema zu. „Im Schatten der Dornrose“ ist in Aranien und Oron angesiedelt, zwei Ländern, in denen bereits sehr starke südländische Einflüsse zu finden sind und man sich mehr oder weniger in das Grenzgebiet zum Orient versetzt fühlt.

Das Beyrounat Gwerrat wird seit langer Zeit von einem mächtigen Dschinn beschützt, so dass es trotz der Wirren der letzten Jahre auch weiterhin seine Unabhängigkeit von Aranien und Oron bewahren konnte. Doch nun ist es an der Zeit, eine geeignete Braut für den Erbprinzen zu finden, damit die Blutlinie fortgesetzt werden kann und die jetzige Herrscherin eine starke Nachfolgerin bekommt. Aus diesem Grund zieht Prinz Rengun mit seinem Bruder Murasan aus, um sich eine potentielle Kandidatin genauer anzusehen. Er folgt dabei dem Ruf der charismatischen Brautwerberin Layla al’Azila, die ihre Kundin Ayrana ay Elabad in höchsten Tönen angepriesen hat. Aber schon auf der Reise durch Oron müssen die Brüder feststellen, dass sie vielleicht einen Fehler gemacht haben, denn sie begegnen immer wieder dem wahren Gesicht des von Dämonen beherrschten Landes. Nach und nach merken sie, dass sie sich dem unheimlichen Zauber des Landes nicht wirklich entziehen können und der anfängliche Ekel über die blutige Extase und Grausamkeit gegenüber Schwächeren, die allerorten zu finden ist, schwindet. Und sie sind nicht die einzigen, denn auch ihre Begleiter und Reisegefährten merken, wie die Umgebung immer mehr Auswirkungen auf die dunklen Abgründe ihrer Seele hat und selbst starken Glauben langsam aber sicher wanken lässt.

Über ein Land wie Oron zu schreiben, ist sehr schwierig, denn man muss sich entweder dafür entscheiden, die besonderen Auswüchse der Kultur nur grob zu streifen und damit oberflächlich und platt zu bleiben oder aber die ganzen Grausamkeiten und Ausschweifungen in Szene zu setzen, die passende Atmosphäre zum Leben zu erwecken und damit zu riskieren, dass das Buch sehr brutal und grausam wird. Bernard Craw hat sich für Letzteres entschieden. So ist die Geschichte eher nebensächlich, der Weg eigentlich das Ziel. Er zeigt, wie die Reisenden nach und nach von Oron vereinnahmt werden und nimmt dabei kein Blatt vor den Mund. In fast jedem Kapitel sind Grausamkeiten, Folter und sexuelle Gewalt zu finden, als habe er sich bewusst mit der BDSM-Szene vertraut gemacht, wobei er dabei teilweise noch ein Stück weiter geht und krankhafte, sadistische und masochistische Praktiken bis zu ihrem konsequenten Ende durchführt.

Es ist schon Geschmackssache, ob man davon fasziniert ist oder sich mit Grauen abwendet, aber es wird der Atmosphäre des Bandes gerecht. Allerdings leiden darunter ein wenig die Handlung und auch die Figuren, da diese nicht all zu sehr ausgearbeitet werden.

Insgesamt ist „Im Schatten der Dornrose“ ein Roman, der sich eher an ältere Leser richtet, die immer schon einmal wissen wollten, was man mit einem Land wie Oron alles anstellen kann. Gerade sehr große „DSA“-Fans werden fündig, da der Autor sich die Mühe gemacht hat, neben den Regionalbeschreibungen auch Details und Figuren aus Abenteuern einzuarbeiten. Aber man sollte sich immer bewusst sein, dass das Buch vor Grausamkeit nur so strotzt.