ControNatura - Tierisch menschlich 1: Das Erwachen (Comic)

Mirka Andolfo
ControNatura - Tierisch menschlich 1
Das Erwachen
(Contronatura  1: Il risveglio, 2016)
Übersetzung: Michael Georg Bregel
Panini, 2017, Hardcover, 100 Seiten, 19,99 EUR, ISBN 978-3-7416-0251-1

Rezension von Elmar Huber

Die üppige Schweinedame Leslie hat Nacht für Nacht einen Traum, in dem sie es mit einem weißen Wolfmann treibt. Dabei ist eine Partnerschaft und auch nur der sexuelle Kontakt zwischen verschiedenen Spezies streng verboten, ebenso zwischen Vertretern desselben Geschlechts.

Mit ihrem 25. Geburtstag wird Leslie automatisch ins Reproduktions-Programm der Regierung aufgenommen, das ihr noch am selben Abend einen passenden Partner vorschlägt. Und während Leslie auf das Blind Date mit ihrem möglichen Gefährten vorbereitet wird, stößt ihre Freundin, die Rattendame Trish, auf ein obskures Buch, dessen Inhalt deutliche Parallelen zu Leslies Träumen aufzeigt.

Einem unguten Bauchgefühl folgend lässt Leslie ihr Date platzen, nur um tags darauf zu erfahren, dass Trish ermordet wurde und sie als Tatverdächtige Nummer 1 gilt. Denn angeblich ist Leslie nie bei dem Treffen des Reproduktions-Programms aufgetaucht.


Auf den ersten Seiten von „ControNatura - Tierisch menschlich“ weiß man nicht recht, was einen erwartet. Ein versautes Fantasy-Märchen vielleicht, in dem sich Schweine und Wölfe gemeinsam in den Laken wälzen? Erst einmal aus diesem Traum aufgewacht, findet man sich mit Leslie und anderen anthropomorphen Tieren verschiedenster Arten in einer deutlich autoritär geführten Gesellschaft wieder, die ihren gemischtrassigen erotischen Traum als böse und ‚wider die Natur‘ abstempelt. Eine ‚reine Natur‘ wird befürwortet, die offenbar nur in den Köpfen der Machthaber existiert, die sogar eine staatliche Partnerbörse betreibt, um ‚passende‘ Paare zur rechten Zeit zusammenzubringen.

Traurige Worte wie „Rassenhygiene“ und „Umerziehung“ spuken dabei durch den Kopf des Lesers. Gleichzeitig kann man sich aber das Lachen kaum verbeißen, wenn man Zeuge wird, wie sich Leslie während ihres feuchten Traums an ihrem Kopfkissen abgearbeitet hat. Also eine komisch-erotische Dystopie-Fabel?

Mysteriös wird es, als Leslies Mitbewohnerin und Vertraute Trish Nachforschungen zu den wiederkehrenden Träumen ihrer Freundin anstellt und herausfindet, dass eben die Geschichte von einem weißen Wolf und einer Schweinefrau Gegenstand einer alten Legende ist. Ein Wissen, das Trish mit ihrem Leben bezahlt, so dass sich Leslie plötzlich als ahnungslos gejagte Hauptfigur in einem Hitchcock’schen Thriller wiederfindet und nicht sicher sein kann, wem sie jetzt noch vertrauen kann. Eine Story also, die mit Überraschungen nicht gerade geizt.

„ControNatura - Tierisch menschlich“ lebt in erster Linie von der drallen und von Mirka Andolfo („Bombshells“, „Wonder Woman“, „Harley Quinn“) wirklich verflucht sexy in Szene gesetzten Leslie, die man sich vielleicht als Enkelin im Geiste von Miss Piggy vorstellen kann. Vielleicht weniger damenhaft, aber mit viel Gefühl und dem Herz am rechten Fleck, so dass man diese Schweinedame einfach lieben muss.

Und auch als Autorin muss man den Hut vor Mirka Andolfo ziehen, die es hier versteht, die unterschiedlichsten Genres wie selbstverständlich zu vermischen, eine gelungene Balance von Dramatik und Humor zu finden und das alles so frisch und flott zu erzählen, dass man den Band kaum zur Seite legen mag.

Zusätzlich zu der normalen Alben-Ausgabe ist noch eine auf 333 Exemplare limitierte Variant-Ausgabe mit einem Milo-Manara-Cover erhältlich.

Ein wilder Genre-Bastard, frisch, sexy und mit viel Humor erzählt, ohne dabei den dramatischen Blickwinkel zu schwächen.