100 % Marvel 27: Moon Knight: Ganz unten (Comic)

100 % Marvel 27
Moon Knight: Ganz unten
Charlie Huston, David Finch, Danny Miki u. a.
(Moon Knight Vol. 5: The Bottom, Chapter 1-6, 2006)
Autor: Charlie Huston
Übersetzung: Jürgen Petz
Titelbild und Zeichnungen: David Finch
Panini, 2007, Paperback mit Klappenbroschur, 152 Seiten, 16,95 EUR

Rezension von Elmar Huber

Bei einem Kampf gegen seinen Erzfeind Bushman wurden Moon Knights Knie zerschmettert. Seitdem sitzt Marc Spector im Rollstuhl, lebt von Schmerztabletten und bewegt sich zwischen Wut und Selbstmitleid. Seine Geliebte, Marlene Alraune, hat ihn verlassen, und auch sein Gott Khonshu hat sich, wie es scheint, von ihm abgewandt. Erst als Bernard Crawley ihn wieder mit seinem alten Freund und Kriegskameraden Jean-Paul „Frenchie“ Duchamp zusammenbringt, der kurz darauf von einem Straßenschläger angegriffen und übel verletzt wird, kehrt widerwillig Leben in den ehemaligen Helden zurück. Keinen Moment zu spät, denn der Taskmaster steht bereit, Spector und alle, die ihn noch lieben, zu töten.

 

Gekonnt rollt der vorwiegend als Krimi-Autor tätige Charlie Huston das Feld um Moon Knight neu auf, das zu diesem Zeitpunkt, 2006, verhältnismäßig brach lag. Zur Erinnerung: Der Söldner Marc Spector wurde bei einem Einsatz in Ägypten tödlich verletzt - Roald Bushman und Marlene Alraune spielten dabei auch entscheidende Rollen -, doch von Khonshu, dem ägyptischen Gott der Rache, der Vergeltung und des Mondes, ins Leben zurückgeholt, um als dessen Avatar zu fungieren. Eine Aufgabe, die bisweilen recht blutig ausfallen kann. Eine zweite brisante Ebene erhält das Ganze, da auch Spectors Geist seitdem reichlich flatterhaft ist. Jedenfalls sollten Neu-Leser dank Hustons Vorgehensweise keine größeren Startschwierigkeiten haben; Moon Knights Origin wird außerdem im Mittelfeld der Geschichte elegant eingeflochten.

Dass sich ein gebrochener (Ex-) Held als Startpunkt einer Geschichte in Selbstmitleid suhlt und immer wieder die Stunde seiner größten Niederlage durchspielt, ist nicht gerade neu, wird aber hier so kraftvoll und archaisch präsentiert, dass man das gern mitnimmt. Nachdem damit hinreichend geklärt ist, wer und was Moon Knight ist, und vor allem, wo er gerade steht, beginnt der Autor, eine neue Geschichte zu erzählen. Ein kleiner Trick seines Freundes Bernard Crawley lockt Spector aus seiner Höhle. Der Startschuss einer Ereigniskette, die zur Wiedergeburt von Moon Knight führen soll. Zudem sind gewisse Personen aus noch unbekannten Gründen an Spector interessiert und ziehen bereits im Hintergrund Fäden. In eleganten Parallelschnitten zum Geschehen um Spector nimmt dieser Handlungsstrang ebenfalls Fahrt auf.

Leider kann die zweite Hälfte des Paperbacks nicht ganz einlösen, was der Auftakt verspricht. Die clevere Erzählweise wandelt sich zu einem altbekannten Superhelden-/-schurken-Gekloppe, das auch Batman und Bane bestreiten könnten. Wie vorauszusehen war, steigt der Held nach einer Schlappe wie Phönix aus seiner eigenen Asche, Taskmaster und die Hintermänner werden platt gemacht. Nicht gerade neu, aber immerhin ist nun der Boden für das nächste Abenteuer bereitet.

Der Name des Zeichners David Finch („Ascension“, „Batman“) ist schon längst eine Marke und steht für detailreiche, düstere und kraftvolle Bilder. ‚Sein‘ martialischer „Moon Knight“ hat mehr Ähnlichkeit mit „Spawn“ als mit dem der eigenen Folgeserien, wo der Held eher schmal und als „Mr. Knight“ sogar sehr gentlemanlike dargestellt wird.

Auch wenn die Story über weite Strecken vorauszuahnen ist, macht sie Lust auf die folgenden Abenteuer. Erstklassige Arbeit vom Team Huston/Finch.