Lone Wolf & Cub 1 (Comic)

Kazuo Koike
Lone Wolf & Cub 1
(Lone Wolf and Cub, 1995 (1970))
Übersetzung: John S.
Zeichnungen: Goseki Kojima
Panini, 2003, Taschenbuch, 302 Seiten, 11,00 EUR, ISBN 978-3-89921-450-5

Rezension von Irene Salzmann

Kazuo Koike (geboren 1936) ist der Autor von unter anderem „Lady Snowblood“ und „Crying Freeman“. Zu seinen Schülern zählen beispielsweise Rumiko Takahashi („Ranma ½“, „Inu Yasha“) und Hideyuki Kikuchi („Vampire Hunter D“, „Taimashin“).

Goseki Kojima (1928-2000) kennt man als Zeichner von „Samurai Executioner“ und „Path of the Assassin“, die wie „Lone Wolf & Cub“ von Kazuo Koike geschrieben wurden. „Lone Wolf & Cub“ erschien in Japan von 1970 bis 1976 in 28 Bänden. Zudem gibt es diverse Adaptionen.

 

Ogami Itto ist ein Gefolgsmann von Tokugawa Ienobu (vermutlich) und hat die Aufgabe, jene Daimyo, die zum Seppuku gezwungen werden, zu köpfen, um ihnen die Schmerzen zu ersparen und zu verhindern, dass ein loyaler Gefolgsmann diese Pflicht erfüllen muss und somit in einen Gewissenskonflikt gerät. Dadurch zieht er sich den Hass von so manchen Hinterbliebenen zu, hat zudem auch Neider.

Eines Tages findet Ogami all seine Angehörigen tot vor, ausgenommen seinen dreijährigen Sohn Daigoro. Vom Shogun erhält er den Befehl, Seppuku zu begehen. Dahinter steckt ein Komplott des Yagyu-Clans, der die wichtigsten Ämter an sich reißen will, und Ogami steht diesen Plänen als Letzter im Weg.

Ogami will Rache und widersetzt sich der Aufforderung. Seinem kleinen Sohn, der nicht weiß, worum es geht, überlässt er es, für sich selbst zu entscheiden: Wählt er das Spielzeug und damit seine Mutter, soll er sterben und ihm dadurch viel Leid erspart bleiben. Greift er nach der Waffe, muss er als Sohn eines Ronin in eine ungewisse Zukunft ziehen.

Der Titel nimmt vorweg, wie sich Daigoro entschieden hat. Und tatsächlich bilden die beiden eine Einheit, wie man sie sich kaum vorstellen kann. Daigoro gehorcht seinem Vater aufs Wort und vertraut ihm, egal, wie schlimm die Situation auch sein mag. Ogami wiederum benutzt das Kind, um seine Aufträge als Mörder ausführen zu können, indem er die Zielpersonen irritiert, hinters Licht führt und aufgrund dieses Vorteils überwältigt.


Aus heutiger (und westlicher) Sicht ist es schwer nachvollziehbar, wie ein Vater seinen kleinen Sohn all den Gefahren aussetzen kann. Betrachtet man jedoch die Ära, in der die beiden leben, vor dem Hintergrund dieser Zeit, in der ein Leben wenig zählt, dann muss man das Miteinander als großen Vertrauensbeweis und Zeichen der Liebe werten, denn Ogami ist durch seinen Sohn erpressbar, und Daigoros Zukunft hängt ab von der Gesundheit seines Vaters. Selbst bei Kämpfen sind sie immer zusammen, und Ogami passt permanent auf den Jungen auf. In keiner Situation setzt er ihn absichtlich einer Gefahr aus, aus der er ihn nicht befreien könnte. Daigoros (Über-) Leben ist ihm das Wichtigste, obwohl es manchmal anders auszusehen scheint.

Das Vorwort verrät, dass die einzelnen Episoden nicht chronologisch angeordnet sind, was erklärt, warum Daigoro manchmal kein Wort spricht oder bloß plappert und bei anderer Gelegenheit ein Lied singen kann. Wer genauer hinsieht, bemerkt, dass sich dann auch  seine Frisur altersbedingt verändert (die rasierten Stellen).

Ogami zieht mit einem Wagen, in dem der Kleine sitzt, durch Japan und tötet für Geld Leute. Aber nicht wahllos. Er hört sich ihre Geschichten an und achtet vor allem auf das, was sie nicht sagen. Auf diese Weise sichert er sein und das Überleben Daigoros, denn nicht jeder, der ihn anheuert, hält sich an die Abmachung, schließlich ist der Mörder auch ein lästiger Zeuge.

Wegen der Sorge um seinen Sohn, den nachvollziehbaren Wunsch nach Rache an den Mördern seiner Familie, den ehrlichen Kampf gegen betrügerische Widersacher/Auftraggeber und dem gelegentlichen Eingreifen zum Wohle Dritter sympathisiert man mit Ogami, obschon er viel Blut fließen lässt.

Die Zeichnungen sind nicht so gefällig wie in den 08/15-Mangas, die seit Jahren auf den Markt kommen, sondern in ihrem Realismus eher den Frankobelgiern vergleichbar und dem Thema angemessen.

Infolgedessen wendet sich der Titel an ein reiferes Publikum, das sich für ein authentisches mittelalterliches Japan interessiert und den sattsam bekannten Kiddies mit Glubschaugen, Zackenfrisuren und Klumpfüßen nicht viel abgewinnen kann.