Nnedi Okorafor: Das Buch des Phönix (Buch)

Nnedi Okorafor
Das Buch des Phönix
(The Book of Phoenix, 2015)
Übersetzung: Claudia Kern
Titelbild: Greg Ruth
Cross Cult, 2017, Taschenbuch, 328 Seiten, 18,00 EUR, ISBN 978-3-95981-493-5 (auch als eBook erhältlich)

Rezension von Christel Scheja

Die Welt aus „Wer fürchtet der Tod“ hatte handfeste Wurzeln, und einen Teil davon enthüllt Nnedi Okrafor nun in „Das Buch des Phönix“, einem Roman den man aber auch ohne Vorkenntnisse lesen kann und der bis auf das Ende kaum Bezug auf das spätere Geschehen nimmt.

 

Was ist sie wirklich? Phönix nennt sie sich selbst, aber tatsächlich wird sie von den Menschen um sich herum nur als Forschungsobjekt gesehen, das Ergebnis eines genetischen Experiments, das in einem Turm auf der von Wasser überfluteten Insel Manhattan entstanden ist. Doch leider hat die Frau, die nur zwei Jahre alt ist und doch aussieht wie eine Vierzigjährige, einen wachen Geist und starken Willen. Ja, sie entwickelt sogar Gefühle und diese bringen sie schließlich auch dazu, auszubrechen.

Phönix legt den Turm in Schutt und Asche, als der Mann stirbt, zu dem sie so etwas wie Liebe entwickelt hat und begibt sich auf eine mystische Reise, auf der sie in Ghana nicht nur andere Facetten des menschlichen Lebens kennenlernt, sondern auch nach ihren Wurzeln sucht, um ihren Verfolgern besser entgegentreten zu können.

Doch wird sie auf Dauer denen entkommen können, die nun das volle Ausmaß ihrer Kräfte erkannt haben und zu einer Waffe umfunktionieren wollen? Denn Phönix wird ihrem Namen in ihren Gaben und Kräften mehr als gerecht…


In einer nicht näher bezeichneten Zukunft, in der der Klimawandel schon stattgefunden hat, spielt dieser neue Roman der amerikanischen Autorin mit den afrikanischen Wurzeln, die auch hier wieder durch alle Seiten dringen. Die Rahmenbedingungen mögen nüchtern betrachtet erkennbar sein, aber die wissenschaftlichen Möglichkeiten werden nicht erörtert, eher die Auswirkungen, die das Ganze auf die Psyche der Heldin hat.

Diese bleibt dem Leser allerdings ein wenig fremd, auch wenn sie aus der Ich-Perspektive erzählt. Aber das hüllt sie auch in den Schleier des Geheimnisvollen, der Mysteriengängerin, die in Ghana lernt, zu ihren spirituellen Wurzeln zu finden und besser zu verstehen, was sie nun eigentlich sein könnte und vor allem sein will.

Die Handlung ist relativ simpel gestrickt, nach dem Ausbruch folgt eine Flucht, die Heldin versteckt sich eine Weile in Afrika und muss dann doch wieder nach Amerika zurück, um sich ihren Schöpfern zu stellen. Das nutzt sie aber auch aus, um für sich selbst mehr zu erfahren und besser zu verstehen, was diejenigen, die sie zusammenmischten eigentlich mit ihr getan haben.

Das Buch scheut keine Gewalt, aber es wird eher ruhig erzählt. Der Autorin sind die Auswirkung der Geschehnisse auf die Figuren wichtig, nicht deren akribische Beschreibung oder wissenschaftliche Grundlagen. Man bewegt sich mehr oder weniger mit Nnedi Okorafor durch eine mystische Welt in der alles möglich zu sein scheint, auch wenn es nicht erklärbar ist. Es scheint fast, als wolle sie damit die Spielart des „Inner Space“ in die Science Fiction zurückholen und gleichzeitig Interesse an der afrikanischen Seele wecken. Dieses Zusammenspiel sorgt für die Spannung in der Geschichte, auf die man sich tatsächlich bewusst einlassen sollte. Denn dann entfalten die Worte erst richtig ihren ganz besonderen Zauber.

Auch „Das Buch des Phönix“ ist mehr oder weniger psychedelische Science Fiction, in der es nicht auf harte Fakten ankommt, sondern die Magie des Futuristischen, die den Geist der Helden und der Leser zu öffnen versucht. Allerdings sollte man sich auch genau auf diese Art von Texten einlassen können, ist doch die Geschichte trotz der einfachen Handlung nicht immer leicht zu lesen, da Vieles zwischen den Zeilen geschrieben steht.