Frank Belknap Long: Mein Freund H. P. Lovecraft (Buch)

Frank Belknap Long
Mein Freund H. P. Lovecraft
(Howard Phillips Lovecraft: Dreamer on the Nightside)
Übersetzung: Michael Siefener
Festa, 2016, Hardcover, 270 Seiten, 36,80 EUR, ISBN 978-3-86552-478-2

Rezension von Carsten Kuhr

Bücher um und über Howard Philips Lovecraft hat es schon diverse gegeben. Im Verlauf der Jahre wurden in den unterschiedlichsten Verlagen Biographien des Schöpfers der Großen Alten veröffentlicht, konnten Interessierte dessen Leben, Leiden und Schaffen nachverfolgen. Braucht es da eine weitere Biographie? Das war, neben der Frage ob überhaupt noch etwas wirklich Neues auf mich warten würde, die Frage, die mich zu Beginn der Lektüre beschäftigte.

Nun, Frank Festa hat in seinem Verlag nicht nur eine mustergültig werkgetreue Übersetzung der Geschichten des Einsiedlers aus Providence veröffentlicht, er hat darüberhinaus eine ganze Reihe von handwerklich sorgfältig gemachten Büchern rund um die Saga HPLs in wunderbaren Hardcover-Ausgaben publiziert. Nun also legt er Longs Biographie in vergleichbarer Ausstattung (Hardcover mit Lesebändchen, Umschlag in Lederoptik) vor.

 

Schon das Vorwort weist dabei den Weg; Long ist kein Biograph, der sich seinem Thema über das Werk des Autors, über Briefe oder Freunde nähert, Long war einer der wenigen ganz engen Weggefährten und Vertrauten Lovecrafts.

So liest sich die Biographie auch ganz anders, als die vergleichbaren Titel. Long erzählt auf sehr intime, direkte Weise von den Begegnungen mit seinem Freund, geht dabei auf dessen Schrullen und Charakteristika ebenso ein, wie auf Fehlinterpretationen anderer Biographen.

Am Überraschendsten fand ich hier, dass Long der Mär, Lovecraft sei Zeit seines Lebens gesundheitlich angeschlagen gewesen entschieden widerspricht. Soweit er dies erlebt hat, aber auch aus Gesprächen mit Lovecraft, hatte dieser eine normale Kindheit, war nicht besonders anfällig oder gar gebrechlich. Auch während der langen Jahre, in denen sich die Beiden kannten, der Zeit, die Lovecraft in New York lebte und nach seiner Rückkehr nach Providence erfreute HPL sich einer robusten Konstitution. Zwar war er äußerlich immer recht hager, aß zum Leidwesen seiner Ehefrau sehr wenig, konnte sonst aber ganz normal seinen Tätigkeiten nachgehen.

Dass er von seiner Erziehung her ein Puritaner war, dass er oft zu ehrlich und eigen auftrat sorgte dafür, dass er sich einer regulären Arbeit verschloss. Angebote gab es, etwa die Übernahme der Herausgeberschaft von „Weird Tales“, doch dafür hätte er nach Chicago umsiedeln müssen, etwas, was ihm bei aller finanziellen Not nie eingefallen wäre.

Neben Anekdoten und Beschreibungen der Treffen Lovecrafts im literarischen Zirkel in New York, der Aufarbeitung der Ehe und Scheidung überraschte mich zum Beispiel die Beschreibung des Treffens von Lovecraft und Houdini besonders. Hier ergeben sich Einblicke in die Persönlichkeit eines Mannes, den die Welt heute als einen der größten Autoren im Bereich der Phantastischen Literatur kennt, der selbst aber nie an Okkultismus glaubte.

 

Um auf meine anfängliche Fragestellung zurückzukommen, ob es wirklich eine weitere Biographie Lovecrafts braucht die klare Antwort, dass Long weit mehr als eine trockene Aufzählung von Fakten vorlegt, sehr warmherzig über seinen Freund berichtet und uns so die Person Lovecraft neu und aus einem ganz anderen Blickwinkel erschließt.