James Barclay: Dieb der Dämmerung – Die Chroniken des Raben 1 (Buch)

James Barclay
Dieb der Dämmerung
Die Chroniken des Raben 1
(Dawnthief)
Aus dem amerikanischen Englisch übersetzt von Jürgen Langowski
Heyne, 2010, Taschenbuch, 718 Seiten, 9,95 EUR, ISBN 3-453-52728-7

Carsten Kuhr

Der Roman bietet uns eine bekannte Geschichte. Die wilden Horden machen sich bereit, die zivilisierten Länder zu überfallen. Unterstützt von vor Jahrhunderten gebannten Zauberern, die aus ihrem Gefängnis entkommen konnten, droht den kulturell hochstehenden mittelalterlichen Reichen des Ostens die Niederlage. Abhilfe könnte ein Zauberspruch bieten, dessen Zutaten – Katalysatoren genannt – vom inzwischen verstorbenen Erfinder aber in anderen Dimensionen verborgen wurden. Ein Magier macht sich, begleitet und beschützt durch eine bereits legendäre Söldnertruppe (die Rabe genannt wird) auf,, den rettenden Spruch zu suchen.

Erzählt wird die Geschichte aus Sicht der Söldner. Ungewöhnlich, dass bereits in der ersten Hälfte des vorliegenden Buches drei der sieben Kämpfer umkommen. Im Verlauf der Handlung werden aber auch die anderen Mitglieder unserer Kriegertruppe schwer geprüft. Keiner ist gefeit vor Verletzung, Schmerzen und Folter, jeder hat sein Päckchen zu tragen. Tief dringen sie ins Land der angreifenden Barbaren vor, während die ersten verlustreichen Schlachten an der Heimatfront geschlagen werden. In der Pyramide, in der die dämonischen Wesen sich von ihrem Gefängnis erheben, kommt es zur finalen Auseinandersetzung – Ergebnis bekannt.

Bereits Anfang 2005 erschien der Roman in zwei für die Übersetzung getrennten Teilen bei Heyne – und entwickelte sich zum Überraschungserfolg. Zwar ist die Handlung kurzweilig erzählt, der Spannungsbogen sauber strukturiert, aber der Inhalt selbst bietet dem Fantasy-Kundigen wenig Neues. Die Queste der gemischten, einander zu Beginn nicht eben grünen Heldenschar altbekannter Zusammensetzung zur Rettung der Welt, wurde uns schon ein paar Mal zu oft geschildert. Auch die Wiederkehr eines uralten Bösen in Gestalt toter Magier ist nicht eben ein neues Topic. Insoweit wird der Leser kaum gefordert. Er kann sich gemütlich in einer austauschbaren Situation zurücklehnen, ohne sich auf neue Begebenheiten oder Entwicklungen einstellen zu müssen. Die geschilderte Welt selbst bleibt unscharf, wir erfahren kaum etwas über diese oder die sie bevölkernden Wesen.

Vom Grundansatz her ist der Plot altbekannt und birgt wenig Überraschendes. Wir erfahren wenig, fast zu wenig über die Welt, in der die Handlung stattfindet, der Autor verwendet auch nicht eben viel Zeit darauf, uns seine Protagonisten vorzustellen, oder die unterschiedlichen Völker und Machtgruppierungen einzuführen. Aber, man merke auf, genau das scheint das Lesefutter zu sein, das viele Fantasy-unerfahrene Leser suchen. Insoweit ist die Neuauflage von Heyne konsequent und bietet dem Gelegenheitsleser die Möglichkeit eine erfolgreiche Reihe, die zwar nicht unbedingt viel Überraschendes für ihn bereithält, von Beginn an kennenzulernen.