Lilith Saintcrow: Dämonenmal – Jill Kismet 1 (Buch)
- Details
- Kategorie: Rezensionen
- Veröffentlicht: Samstag, 08. Mai 2010 10:59
Lilith Saintcrow
Dämonenmal
Jill Kismet 1
(Night Shift)
Aus dem amerikanischen Englisch übersetzt von Nadine Mannchen
Titelillustration von Shutterstock
Lyx, 2010, Taschenbuch mit Klappenbroschur, 364 Seiten, 9,95 EUR, ISBN 978-3- 8025-8306-3
Carsten Kuhr
Santa Luz, eine Stadt am Rande der US-amerikanischen Wüste. Alles scheint, wie es immer war. Die Highways sind tagsüber verstopft, Nachts werden illegale Rennen von testosterongeschwängerten Angebern gefahren, Drogendealer und Nutten bevölkern die weniger respektablen Viertel der Stadt, und die Cops geben ihr Bestes, um die Ordnung aufrechtzuhalten. Unterstützt werden sie dabei, wie in jeder größeren Stadt, von einem Jäger, in unserem Fall einer Jägerin. Speziell ausgebildet sorgen diese dafür, dass die Höllenbrut nicht zu übermächtig wird, dass Trader gefasst und aus dem Verkehr gezogen werden. Immer, wenn ein Tatort nach Übernatürlichem riecht, wird der Jäger hinzugezogen, während die Cops versuchen ihren Mageninhalt bei sich zu behalten.
Jill Kismet ist eine der toughen Jäger. Nacht für Nacht steht sie ihre Frau im Kampf gegen Dämonen und anderes Höllengezücht. Eines Nachts ist es besonders schlimm. Gleich fünf Cops hat es erwischt, vier davon, zumindest ihre Reste, findet sie im Leichenschauhaus wieder – und auch einen seltsamen Geruch. Eine Mischung aus Höllenbrutodem und dem Geruch von Werwesen – nur, dass genau dies nicht sein kann, verbindet die Gestaltwandler und die Ankömmlinge der Hölle doch eine unüberwindliche Abneigung gegeneinander. An der Seite von drei gestaltwandelnden FBI-Agenten, von denen einer nicht nur Jills Wohnung auf Hochglanz bringt sondern auch noch gut kocht, beginnt unsere Jägerin, die Täter zu jagen, denn in ihrer Stadt bestimmt sie, was passiert, und tote Polizisten sind ein absolutes No-Go. Dass Jill ihr Dämonenmal, das ihr zwar übernatürliche Kräfte spendiert, sie aber gleichzeitig mit einem Dämon verbindet, dabei so manches Mal in den Weg kommt, ist nur eine der Schwierigkeiten, mit der sie in der Folgezeit zu kämpfen hat...
Mit den „Dante Valentine Chroniken“ hat Lilith Saintcrow sich auch bei uns eine treue Fangemeinde erschrieben. Geschickt verband sie in den bislang vier Titeln rasante Action mit der Hölle entlehnten Dämonen und mutigen Kämpfern wider das Böse. Was einmal als gut befunden wurde, das kann man natürlich auch ein zweites Mal nutzen. Und so ist die Ausgangslage der Jill-Kismet-Saga an obiges Schema angelehnt. Wieder begegnet uns eine fähige Kämpferin gegen die Höllenbrut, die sich ihrer Haut zu wehren weiß. Gelebte Emanzipation, mehr noch, Jill zeigt vielen männlichen Kollegen und Möchtegerns, was eine Harke ist.
Das liest sich flüssig und spannend, bleibt inhaltlich aber dem Gewohnten verhaftet. Ein wenig austauschbar kommt die Handlung daher, gerade Vielleser wie ich werden so manches Motiv wiederentdecken und einige der enthaltenen Wendungen vorhersehen. Die Verbindung einer Kämpferin des Guten mit einem Abkömmling der Hölle ist eine Idee, mit der die Autorin bereits in den Dante-Bänden gepunktet hat. Dennoch bietet der rasante, actionreiche Plot einiges an Unerwartetem, wird der Leser mit Macht in die rasanten Geschehnisse gezogen.
Das Pfund, mit dem die Autorin hier wuchert, ist ganz eindeutig ihre charismatische Hauptdarstellerin. Als missbrauchte Notprostituierte wandelt diese sich von der hilflosen Maus zum wehrhaften Löwen, will sich und ihrer Umwelt beweisen, wie hart sie ist. Gerade dieser innere Konflikt, die unterschwellige Angst erneut verletzt zu werden, abhängig zu sein und der feste Wille, es nie wieder so weit kommen zu lassen, wird überzeugend portraitiert.
Natürlich kokettiert auch Jill – dieses Mal über ihr Dämonenmal – mit dem Bösen, verfällt aber auch dem Charme und der animalischen Ausstrahlung der Werwesen. Dabei bleiben die erotischen Anspielungen genau dies, nämlich Anspielungen, geht die Autorin hier nicht ins Detail. Die Konzentration auf die Suche nach den Tätern, auf die blei- und silberhaltige Luft, macht den Roman denn auch für Action- und Thriller-Fans interessant. Und hier bietet der Roman, ähnlich wie die ersten beiden vorzüglichen Dante-Bände, vorzügliche Schilderungen. Die Kämpfe sind packend beschrieben, Erinnerungen an Blade und Co werden wach, wobei unsere Ich-Erzählerin es wahrlich nicht einfach hat. Nichts ist, mit dem Engelsschwert zuschlagen und gut ist’s, die Dämonen der Jill Kismet beweisen Nehmerqualitäten. Das ist rasant erzählte Action in einem Urban -Fantasy-Umfeld, das alle von den letzten beiden Dante-Romanen enttäuschte Fans versöhnen wird.